Dienstag, 12. Mai 2009

Bugatti Typ 41 Royale Coupé Napoleon von Bauer, 1:18

Der große Magier war verärgert. Da produzierte er nun schon seit Jahren schnittige Sportwagen, die auf den Rennstrecken der Welt Erfolg um Erfolg einfuhren. Da hatte er die Liebhaber eleganter Karossen mit Coupés und Limousinen von allerfeinstem Zuschnitt verwöhnt - und dennoch verwehrte man ihm die verdiente Anerkennung. Die Reichen und Schönen vertrauten lieber den britischen Konstrukteuren, der deutschen Präzision oder den ultra-exklusiven Meisterwerken aus Spanien - doch ihm, Ettore Bugatti, und seinen automobilen Kunstwerken, zeigten Königshäuser und Geldadel die kalte Schulter. Das musste sich ändern.

Bugatti begann mit der Konzeption eines Autos, das alles andere in den Schatten stellen sollte. Größer, leistungsfähiger und schöner als alles, was die versammelten Konkurrenten zu bieten hatten, sollte es werden. Sehr exklusiv - natürlich - und genau auf die Wünsche der oberen Zehntausend zugeschnitten. Die Krönung seines Schaffens und die Krönung der automobilen Welt.

Das Ergebnis präsentierte Bugatti im Jahre 1927. Es war ein gewaltiges Fahrzeug, über sechs Meter lang, mit über vier Metern Radstand. Unter der endlosen Motorhaube verbarg es ein 12,7 Liter großes Motoren-Ungetüm mit acht Zylindern, die Karosserie war ein Kunstwerk aus der Feder Jean Bugattis, ausgestattet mit den allerfeinsten Materialien. Bugatti war überzeugt, mit diesem Auto das perfekte Fortbewegungsmittel für gekrönte Häupter geschaffen zu haben und bot ihn ausschließlich dieser Klientel an. War es die schiere Wucht des gewaltigen Automobiles, war es die seinem Konzept zugrunde liegende Arroganz des Schöpfers, war es schlicht und ergreifend die heraufziehende Große Depression? In jedem Fall wurde kein einziger Typ 41 - oder wie er inoffiziell genannt wurde "La Royale" tatsächlich an ein Königshaus verkauft.

Sechs Exemplare dieses Über-Bugatti entstanden, drei fanden Käufer unter den Superreichen der damaligen Zeit, drei blieben im Besitz von Bugatti - alle sechs existieren heute noch und zählen zu den wertvollsten und außergewöhnlichsten Automobilen aller Zeiten. Mochte das Automobil Bugatti Royale auch ein Mißerfolg gewesen sein, das Projekt sollte sich im Nachhinein für Ettore Bugatti zu seinem größten kommerziellen Erfolg entwickeln. Er konstruierte aus nicht verwendeten Royale-Motoren einen Schienenbus, den er der französischen Staatsbahn präsentierte - die begeistert 79 dieser Fahrzeuge orderte. Bis in die 60er Jahre hinein wurden die Bugatti-Schienenbusse von der SNCF eingesetzt - die Maschine, die den Wagen gekrönter Häupter antreiben sollte, wurde im öffentlichen Nahverkehr ein riesiger Erfolg.

Der erste Royale, den Bugatti 1927 vorstellte und den der Meister aus Molsheim später als persönliches Fahrzeug nutzen sollte, war das sogenannte Coupé Napoleon, versehen mit einer zweisitzigen Karosserie mit außenliegendem Chauffeursplatz. Zweifarbig Blau/Schwarz gehalten gilt es neben dem Roadster Esders als einer der schönsten Royales und steht heute im Musée National de l'Automobile in Mülhausen. Genau dieses Fahrzeug hat sich nun ein neuer Hersteller im heißumkämpften Markt der 1:18-Miniaturen als erstes Modell ausgewählt.

Die Firma Heinrich Bauer ist seit vielen Jahren als Großhändler und Importeur von Spielwaren aller Art bekannt, im Modellautosektor ist man Vertrieb der Maisto-Modelle. Nun will man auch als Hersteller auf dem Markt auftreten und das Preisschild am Erstlingswerk zeigt es direkt: Mit einem Modell für 400 EUR will man im Kreis der High-End-Hersteller mitspielen. Da ist ein Prestigeobjekt wie der Bugatti Royale natürlich perfekt geeignet. Gleichzeitig sorgt ein solches Preisschild natürlich auch für große Erwartungen, denn für solche Preise muss man schon die Klasse von CMC, BBR und Exoto erreichen können. Gelingt dies dem Bauer-Bugatti denn auch? Die Antwort fällt zwiespältig aus.

In Foren ist schon ausgiebig diskutiert worden, ob das riesige Modell maßstäblich stimmt. Den uns vorliegenden Daten gemäß müsste das Modell in 1:18 knapp 36 Zentimeter messen - und das tut es auch. Das Problem der überdimensionierten Wirkung im Vergleich zu anderen Modellen scheint daher zu rühren, dass die Karosserie etwas zu hoch ausgefallen ist - das Vorbild wirkt bei aller Größe geduckter und eleganter. Im Vergleich zur Bentley State Limousine von Minichamps wirkt der Bugatti aber relativ stimmig. Der aus unserer Sicht deutlich bedeutsamere Fehler am Bauer-Bugatti, fällt auf, sobald man das Modell auf die beiliegende verspiegelte Holzplatte stellt. Das Chassis des Royale trägt roten Lack, der beim Vorbild nicht zu finden war und beim Modell etwas unpassend aufdringlich wirkt. Es leuchtet zwar ein, dass Bauer auf diese Weise sein hochdetailiertes Fahrwerk betonen möchte, dem Erscheinungsbild des Modelles tut es aber leider nicht sonderlich gut.

Aber genug des Meckerns, widmen wir uns lieber den Vorzügen des Modelles - denn derer hat es reichlich. Die Detailierung der Bauer-Miniatur liegt wirklich auf sehr hohem Niveau. Die Türen werden über die Türgriffe geöffnet, der Arbeitsplatz des Chauffeurs ist detailiert ausgestaltet und trägt sehr schön nachgebildete Instrumente, Seine Sitzbank ist ebenso mit Leder bezogen, wie die Innenseiten der Türen, welche auch noch abgenähte Taschen tragen und durch (etwas dominante) Nieten fixiert werden. Alle Schalter und Hebel sind an ihrem Platz, das riesige Lenkrad hätte aber sicher noch etwas filigraner ausfallen können. Sehr schön ist die Nachbildung der Scheibenwischer, die vielleich sogar funktional sein könnte, aber wir haben uns nicht getraut, diese Theorie zu überprüfen.

Der Passagierraum ist recht übersichtlich gestaltet, aber das ist auch beim Vorbild so. Alles ist mit Teppichnachbildung bzw. blauem Stoff bezogen, an den Seiten und an der Strinwand gibt es Edelholznachnildungen, kleine Uhren und Instrumente für die Passagiere und ausklappbare Tischchen - die natürlich auch funktionieren. Auch hier sind die Türschlösser funktional ausgelegt und besonders das große Glasdach kann gefallen, das dem Innenraum des Vorbildes neben Licht sicher auch ein besonders luftiges Ambiente verliehen hat. Einen Gepäckraum im üblichen Sinne scheint das Coupé Napoleon nicht zu besitzen, aber diese Fahrzeuge waren ja auch eher für Repräsentationszwecke gedacht und weniger für die lange Reise.

Widmen wir uns nun der Nachbildung der Technik dieses monströsen Gefährtes. Unter der riesigen Motorhaube finden wir den Reihenachtzylinder, der - wie bei Bugatti üblich, auch rein optisch ein echtes Meisterwerk ist. Der typische Pfauenaugenschliff ist mit aufgebrachten, entsprechend bearbeiteten Metallteilen nachgebildet, Überraschend ist hier, wie bei allen Fahrzeugen aus Molsheim, die Ordnung im Motorraum. Alles ist appetitlich angerichtet, kein Kabel- und Schlauchchaos stört die edle Atmosphäre - wie beim Vorbild. Bleche decken die Auspuffkrümmer ab, nur wenige Aggregate sind zu erkennen, alles ist mit winzigen Schrauben gesichert. Sehr schön auch die filigranen Zündkabel, die als einzige Leitungen im Motorraum zu finden sind und auch diese sind exakt so platziert, dass sie die Ordnung möglichst wenig stören. Vorne steht dann der typische Hufeisengrill steil im Wind, gekrönt von Rembrandt Bugattis Statue eines aufgerichteten Elefanten, die sich zur Öffnung des Kühlwassereinlasses nach hinten klappen lässt. Flankiert wird der Grill von gewaltigen und schön gestalteten Scheinwerfern.

Doch die wahre Detailflut hat Bauer am Chassis des Royale realisiert. Theoretisch kann man nach Lösen einiger Schrauben den kompletten Karosserieaufbau abnehmen, aber das haben wir vorsichtshalber lieber unterlassen - man will ja am Besprechungsmuster nichts kaputtmachen. Wer sich den Royale zugelegt hat und das Risiko der Demontage auch scheut: Bauer hat für dieses Jahr auch eine reine Chassisversion ohne Karosserie angekündigt. Eine hervorragende Idee, denn was sich hier an Details verbirgt, zeigt, dass der Anspruch von Bauer auf einen Platz im Top-Bereich des Maßstabes 1:18 nicht unberechtigt ist. Alle Bremskabel, Getriebe- und Kraftübertragungskomponenten, die robusten Aufhängungen und Achsen sind in sehr aufwändiger Machart hier zu finden. Wenn da nur die Farbe nicht wäre.... Natürlich sind Lenkung und Blattfederung auch funktional ausgelegt! An dieser Stelle sollten auch die ausgezeichneten Felgen erwähnt werden, die natürlich auch abgeschraubt werden können.

Insgesamt hinterlässt das Erstlingswerk von Bauer also einen durchaus passablen Eindruck. Von den Dimensionsfragen und dem roten Chassis abgesehen bekommt der Sammler für 400 EUR ein aufwändig gestaltetes Modell mit tollen Details. Wenn wir ganz ehrlich sein sollten, wären 100 EUR weniger der Qualität allerdings eher angemessen... Aber wir dürfen gespannt sein, was uns die Bauer-Entwickler als Nächstes präsentieren werden!

Unsere Fotomuster wurden uns freundlicherweise von Menzels Lokschuppen zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns herzlichst für die Unterstützung!

Text und Fotos: Georg Hämel

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