Freitag, 19. Dezember 2008
Der Hai im Karpfenteich - Ferrari Dino 156 F1 von CMC, 1:18
Die Scuderia Ferrari hatte seit ihrem Weltmeisterschaftserfolg 1958 eine harte Zeit zu überstehen. Der Dino 246 F1 mit Frontmotor geriet gegenüber der britischen Mittelmotor-Konkurrenz Jahr für Jahr stärker ins Hintertreffen und war in seinem letzten Jahr 1960 hoffnungslos veraltet. Nachdem bekannt geworden war, dass die FIA für die Saison 1961 eine neue Motorenregel verabschiedet hatte, die den maximalen Hubraum aller Motoren auf 1,5 Liter beschränkte, gab Enzo Ferrari bei seinem Chefingenieur Carlo Chiti einen von Grund auf neukonstruierten Wagen in Auftrag, der die roten Renner aus Maranello wieder zurück an die Spitze führen sollte.
Das Triebwerk des neuen Rennwagens basierte auf dem hauseigenen Formel 2-Aggregat, der Zylinderwinkel wurde für eine höhere Leistung auf 120° erhöht. Erstmals saß der Motor bei einem Formel 1-Ferrari hinter dem Fahrer. Das Rohrrahmenchassis des neuen Tipo 156 war konstruktiv nicht ganz auf dem Niveau der britischen Konkurrenten, aber die enorme Motorleistung des "Dino"-Sechszylinders in Verbindung mit einer exzellenten Fahrbarkeit machten aus dem neuen Star der Scuderia einen fast unschlagbaren Siegertypen. Von acht Saisonläufen wurden fünf durch Ferrari-Piloten gewonnen.
Die Speerspitzen des Ferrari-Teams bildeten Wolfgang Graf Berghe von Trips und der US-Amerikaner Phil Hill. Beide waren als exzellente Rennfahrer bekannt, Hill hatte sich besonders auf der Langstrecke durch seinen materialschonenden Fahrstil großen Respekt erworben. 1961 sollte ihm sein zweiter Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans gelingen, an der Seite seines Freundes Olivier Gendebien, mit dem er insgesamt drei Mal den Klassiker an der Sarthe gewinnen sollte. In der Formel 1 sollte die Saison 1961 die Krönung seiner Rennerfolge bilden.
Im ersten Saisonlauf, dem großen Preis von Monaco, musste sich Ferrari noch dem von Stirling Moss meisterhaft gefahrenen Lotus geschlagen geben, doch schon im zweiten Rennen in Zandvoort gab es einen klaren Ferrari-Doppelsieg durch von Trips vor Hill. Im dritten Saisonlauf in Spa-Francorchamps konnte der Amerikaner den Spieß herumdrehen und siegte knapp vor von Trips und den weiteren 156 F1 von Ginther und Gendebien. Auch in Reims gab es einen Ferrari-Triumph, wenn auch einen überaus überraschenden. Hill und von Trips hatten technische Probleme zu beklagen und so gewann der Italiener Giancarlo Baghetti in seinem ersten Formel 1-Rennen überhaupt den großen Preis von Frankreich. Zwei Wochen später war es dann wieder Wolfgang von Trips, der für den vierten Saisonerfolg eines Ferrari 156 sorgte, Hill folgte auf Rang 2 vor dem dritten Ferrari von Richie Ginther.
Auf dem Nürburgring setzte sich dann Stirling Moss einmal mehr mit seinem Lotus durch, Trips und Hill folgten mit Abstand. Somit führte der deutsche Graf vor dem vorletzten Saisonlauf in Monza die Weltmeisterschaftswertung an und hätte sich durch einen Sieg in Italien bereits vorzeitig den Weltmeistertitel sichern können. Leider sollten seine Titelambitionen tragisch enden. In Monza kollidierte von Trips in Runde 2 mit dem Lotus von Jim Clark und verlor die Kontrolle über seinen Ferrari. Er überschlug sich, wurde aus dem Auto geschleudert, welches in die Zuschauerränge stürzte und dort 14 Menschen tötete. Wolfgang von Trips war auf der Stelle tot.
Der Lauf wurde nicht abgebrochen, Phil Hill gewann das Rennen und somit auch die Weltmeisterschaft. Angesichts der Tragödie von Monza verzichtete Ferrari auf den letzten Saisonlauf in Watkins Glen, die Konstrukteursmeisterschaft hatte man ebenfalls souverän gewinnen können. Im folgenden Jahr setzte man einen überarbeiteten Tipo 156 ein, der aber gegenüber der neu erstarkten Konkurrenz kein Land sah. Nachdem sich die Ingenieure um Chiti mit Ferrari überworfen hatten und die Firma verließen - wie auch Phil Hill - wurde die Saison zum Desaster. Nach der Saison 1963 wurden alle verbliebenen Tipo 156 verschrottet, wie es im Hause Ferrari damals üblich war. Es gibt heute zwar mehrere Repliken, aber kein einziger Originalwagen hat überlebt.
Um so schwieriger ist es also, dieses legendäre Rennauto im Modell nachzubilden - erst recht, wenn man sich, wie die Modellkünstler von CMC, größtmögliche Authentizität auf die Fahnen geschrieben hat. In monatelanger Recherchearbeit haben sich die CMC-Konstrukteure der Herausforderung gestellt und nun ein Modell auf die Räder gestellt, das den Dino 156 F1 so exakt und präzise miniaturisiert, wie noch keines zuvor. Als erste Variante hat man nun den Siegerwagen von Spa ausgeliefert, die Variante vom Nürburgring (Fahrer: von Trips) und Phil Hills Weltmeisterauto aus Monza werden folgen. Alle Modelle unterscheiden sich vorbildgerecht in Details voneinander und alle Modelle sind auf je 6.000 Exemplare limitiert.
Fangen wir mit dem äußexren Erscheinungsbild an, das CMC wie gewohnt meisterhaft nachzeichnet. Die berühmten Kühlluftnüstern an der Front, die dem 156 den Spitznamen "Sharknose" bescherten, wirken wie aus dem Vollen gefräst - und sind es vermutlich auch. Die langgezogene Heckverkleidung trägt feine Lufteinlässe mit filigranen Gittern unter denen die Ansaugtrichter zu erkennen sind, rundum lassen sich die winzigen metallenen Befestigungen der Karosserieteile finden. Hinten ragen die langen Auspuffendrohre hervor, die korrekt mit Schellen am Fahrzeugrahmen gesichert wurden.
Das schmale Cockpit ist natürlich auch hervorragend detailiert. Das Lenkrad, an dem Phil Hill auf dem Weg zum Sieg in Spa kurbelte, wirkt ebenso sehr realistisch, wie die Instrumente dahinter. Man beachte den winzigen Schalthebel im Cockpit und natürlich den wunderbar umgesetzten Fahrersitz, der teils mit Stoff, teils mit Leder bezogen ist. Hinter dem Fahrersitz ragt der Überrollbügel auf, die Windschutzscheiben sind mit filigranen Schräubchen verbunden.
Ein echtes Feuerwerk an Details bietet der "Sharknose" unter der nach hinten öffnenden Motorhaube. Da lauert der V6-Motor, den die CMC-Techniker in allen Feinheiten nachgebildet haben. Natürlich werden auch hier, wenn möglich, Originalmaterialien verwendet. Metallteile der verschiedensten Arten werden zu einem Motor kombiniert, der nur darauf zu warten scheint, den "Sharknose" mit infernalischem Gebrüll durch die "Eau Rouge" zu jagen. Da ist jedes Käbelchen und jeder Schlauch an seinem Platz und wirkt, durch minimale Materialstärke, ectrem realistisch. Der einzige Kritikpunkt ist, dass CMC den Zugang zu dieser Detailpracht ein wenig schwierig gestaltet, denn zumindestens bei unserem Muster blieb die Motorhaube leider nicht aus eigener Kraft offen stehen.
Auch vorne läßt sich eine Vielzahl an Details erkennen, wenn man die Fronthaube abgenommen hat. Dies gestaltet sich recht einfach, wenn die beiden Schrauben an der Unterseite mit Hilfe des beiliegenden Schraubendrehers entfernt wurden. Anschließend die Haube mit sanftem Druck nach vorne abziehen und dann ist wieder einmal Staunen angesagt. Die Kühlanlage, verschiedene Leitungen und Kabel, die Batterie... alles ist an seinem Platz. Hier können wir auch einmal mehr die prachtvoll nachgebildete Aufhängungstechnik bewundern. Vorne haben die Räder einen leichten positiven Sturz, an der Hinterachse hingegen lässt sich ein negativer Sturz erkennen - ganz wie durch zahlreiche Bilder beim Vorbild belegt!
Erwähnen wir noch kurz die perfekten Speichenfelgen und die aussergewöhnlich detailierte Unterseite des Modelles und halten wir zum Abschluß fest: Einmal mehr zeigt CMC der versammelten Konkurrenz, was in 1:18 machbar ist. Ein absolutes Spitzenstück moderner Modelltechnik!
Unser Fotomuster wurde uns freundlicherweise von Menzels Lokschuppen zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns herzlichst für die Unterstützung!
Text und Fotos: Georg Hämel