Dienstag, 6. September 2011
Prinzenpark - Rennen nach 1945 - Erinnerungen von Eckhard Schimpf
Mit diesem neuen Buch hat der Autor und Journalist Eckhard Schimpf ganz tief in seinen Jugenderinnerungen geschwelgt, dabei ist ihm sicherlich ein kleines, feines Werk der Motorsporthistorie gelungen.
Die Geschichte beginnt 1946, als auf einem Stück Autobahn der erste Große Preis von Braunschweig für Motorräder ausgetragen wurde. Alleine die Schwierigkeiten mit der Genehmigung, der Organisation und der Beschaffung des Materials kann man sich heute nicht mehr vorstellen, werden aber sehr lebhaft geschildert. Bereits 1947 gab es dann auch ein Rennen für Sportwagen bis 1100 ccm und 1948 wechselte man von der Autobahn in eine Parkanlage inmitten der Stadt Braunschweig, eben den Prinzenpark. Dort kam der Autor erstmals mit dem Rennsport in Berührung, ein Virus, der ihn nie mehr losließ. Neben den Motorradklassen fuhren 1948 erstmals die sogenannten Kleinstrennwagen, deren berühmtester Vertreter wohl der Scampolo war und aus denen sich die spätere Formel 3 entwickelte. 1951 war dann schon Schluss mit dem Prinzenpark, in den beiden folgenden Jahren wich man auf andere Strecken aus und nach 1953 gab es keine Rennen mehr in Braunschweig und Umgebung.
Eckhard Schimpf widmet jedem Rennen ein eigenes, reich bebildertes Kapitel, zusätzlich betrachtet er noch einige der Hauptdarsteller. Beginnend mit Kurt Kuhnke, einer lokalen Motorradgröße, der sich bereits 1947 den auf dem Titel gezeigten VLK-Rennsportwagen bauen ließ, einen auf Käferteilen basierenden Stromlinienrenner. Er fuhr aber auch Cooper Formel 3, DKW Kompressor-Motorräder und wollte noch 1962 mit 52 Jahren in die Formel 1 einsteigen! Dazu kaufte er zwei Lotus, die er mit Borgward-Motoren aus der Konkursmasse der Rennabteilung ausstattete. Das Foto mit den beiden Lotus und dem dazugehörigen Borgward Renntransporter fiel mir sofort auf. Leider stellten sich keine Erfolge ein und Kuhnke starb bereits 1969 in ärmlichen Verhältnissen. Faszinierend an der Geschichte ist auch, dass Schimpf viel später Kuhnkes DKW Kompressormaschine kaufen konnte, die er 1948 im Rennen bewunderte. So hat er sich einen Jugendtraum erfüllt.
Auch Kurt Ahrens, der Vater des bekannten gleichnamigen Rennfahrers, bleibt nicht unerwähnt. Im Gegensatz zu seinem Sohn fiel dieser weniger durch seine Erfolge, als durch seine riskante Fahrweise auf. Nach einem spektakulären Unfall 1963 auf der Avus beendete Ahrens senior seine Karriere.
Eine weitere lokale Größe war Richard Trenkel aus Bad Harzburg, der damals Glöckler-Porsche und Carrera bewegte und immerhin 1953 Deutscher Sportwagenmeister wurde. Sehr lebhaft schildert Schimpf auch das Leben und die Karriere dieses Herrenfahrers, wie man früher die wohlhabenden Privatpiloten gern nannte. Und dann dürfen Motorradheroen wie Schorsch Meier, H.P. Müller oder Sissy Wünsche nicht fehlen. ein Kapitel über die damals sehr populären Sandbahn- bzw. Dirt-Track-Rennen im Braunschweiger Raum gehört noch dazu.
Wie gesagt ist Eckhard Schimpf eine sehr authentische Schilderung der Rennszene kurz nach 1945 gelungen. Wenn man viele der Teilnehmer persönlich kennt, oder sogar mit ihnen befreundet ist bzw. war, hat man natürlich die besten Möglichkeiten. Das Bildmaterial wurde liebevoll zusammengesucht und so manches Rennprogramm von damals rundet dieses Buch ab. Durch die Beschränkung auf den Raum Braunschweig kann man natürlich kein Standardwerk über die Zeit erwarten, aber eben dieses Lokalkolorit macht auch den Reiz des Buches aus. Ein Tabellenteil mit den Siegern und Platzierten sowie den Deutschen Meistern von 1947 bis 1953 wurde dankenswerterweise mit aufgenommen.
Mir hat das Buch von Eckhard Schimpf viel Freude bereitet, wenn man wissen will, unter welchen Voraussetzungen damals gerannt wurde, ist es wärmstens zu emfehlen!
„Prinzenpark - Auto- und Motorradrennen der Nachkriegszeit“ ist bei Delius Klasing erschienen, ISBN 978-3-7688-3365-3, hat 144 Seiten, 3 Farb- und 123 SW-Fotos und kostet sehr günstige 19,90 Euro.
Besprechung: Rudi Seidel