Sonntag, 3. Juli 2011

Porsche 356 made by Reutter - Neue Fakten, spannende Industriegeschichte

Man könnte denken, dass es inzwischen wirklich genug Publikationen zum Thema Porsche 356 gibt, und auch der Firma Reutter wurde ja bereits mit dem ebenfalls bei Delius Klasing veröffentlichten Buch von Uta und Helmut Jung ein Denkmal gesetzt. Deren Sohn Frank hat es sich als Urenkel Albert Reutters nun zur Aufgabe gemacht, das Familien- und Firmenerbe und vor allem den Kontakt zu den noch lebenden Zeitzeugen zu pflegen. Aus den hinzugewonnenen Erkenntnissen, den Erfahrungsberichten alter Reutterianer und vielen bisher unveröffentlichten Fotos entstand das vorliegende Werk: „Porsche 356 made by Reutter“.

Zur Hinführung auf den eigentlichen Mittelpunkt des Buches streift der Autor natürlich auch die Geschichte Reutters von Anfang an. Der Beginn der Zusammenarbeit mit Porsche in den 30er Jahren mit den Prototypen für Wanderer, Zündapp und NSU bis zum KdF-Wagen, dem späteren VW werden ausführlich und mit tollem Bildmaterial dokumentiert, vor allem der Rohbau der ersten Käfer ist hochinteressant.

1949 kam es dann in Stuttgart mit dem Vertrag zur Serienproduktion des 356 zum Neubeginn der Zusammenarbeit zwischen Reutter und Porsche. Frank Jung beschreibt akribisch, aber auch sehr lebhaft die Entstehung dieser Zweierbeziehung, die Erfolge, Probleme, aber auch manche Winkelzüge seitens Porsche, um Wünsche durchzusetzen und Preise zu drücken. Hochinteressant auch die abgedruckten Originaldokumente, Verträge, Schriftwechsel usw., leider sind sie im Layout manchmal so klein wiedergegeben, dass der nicht mit Adleraugen versorgte Leser zur Lupe greifen muss. Erfreulich, dass neben der Serienfertigung auch die Produkte des Sonderkarosseriebaus gezeigt werden. Vom Porsche-Prototypen für Studebaker über einen kleinen VW bis zu möglichen 356-Nachfolgern reicht die Bandbreite. Reutter-Entwicklungen, die nichts mit Porsche zu tun hatten, werden logischerweise nur der Vollständigkeit halber kurz erwähnt. 1963 kam es dann ja zur Übernahme der Karosseriewerke Reutter durch Porsche. Auch dieser für viele Beteiligten eher traurige Vorgang wird vom Autor detailliert dargestellt wie auch der Übergang eines Teils der Firma zum berühmten Sitzhersteller Recaro, durch dessen Lieferung der Sitzgruppen für den 911 die gemeinsame Tradition weiterhin erhalten blieb.

Das letzte große Kapitel widmet Frank Jung der Firma Reutter und ihren Mitarbeitern über die Jahre. Neben Randbereichen wie Lehrwerkstatt oder Kantine werden alle Abteilungen vom Blechlager über die Außenhauterstellung bis zur Sattlerei und Endkontrolle in kurzen Texten und absolut faszinierenden Fotos präsentiert. Allein wegen dieser Seiten gehört das Buch in jedes Regal von Porsche- oder überhaupt Autofans.

Wie bei Delius Klasing gewohnt, ist dieses Buch hervorragend produziert, Layout, Lektorat sowie Druck- und Bildwiedergabequalität genügen höchsten Ansprüchen, der Stil des Autors macht selbst aus manchmal trockeneren Themen ein Lesevergnügen. Zu erwähnen ist noch die moderate Preispolitik des Verlags, 29,90 Euro ist für ein Buch dieser Qualität sehr anständig. Von uns gibt es für „Porsche 356 made by Reutter“ eine Note eins!

„Porsche 356 made by Reutter“ von Frank Jung ist im Delius Klasing Verlag erschienen, ISBN 978-3-7688-3270-0, 296 Seiten, 63 Farbfotos, 393 S/W Fotos, 198 Zeichnungen und Dokumente, Format 21,5 x 24,5 cm und kostet wie gesagt 29,90 Euro.

Rezension: Rudi Seidel

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