
Sonntag, 3. April 2011
Menschen und Motoren - 1400 Biographien von Köpfen der Automobilgeschichte
Halwart Schrader, einer der bekanntesten deutschsprachigen Autoren auf dem Gebiet der Automobilhistorie, hat sich eine Mammutaufgabe gestellt: Unter dem Titel „Motor Men“ führt er uns die seiner Meinung nach wichtigsten Köpfe vor, die die Entwicklung und den Fortschritt des Autos in irgendeiner Weise beeinflusst haben. Basis seiner Arbeit ist das Archiv seines Kollegen Jan Norbye, der leider 2003 verstarb und dessen Biographiensammlung auf diesem Weg erstmals in deutsch veröffentlicht wird. Von Rauno Aaltonen bis Helmut Zwickl reicht das Werk, die Bandbreite umfasst Konstrukteure, Rennfahrer, Wirtschaftsmanager, Autoren, Erfinder, Designer, kurzum wirklich alle möglichen Persönlichkeiten rund ums Auto. Aufgelockert wird die Chronik durch 750 teils sehr interessante Fotos. das Layout ist klar und übersichtlich, der Druck und die Bildwiedergabe hochwertig.
Die Kernfrage stellt sich aber: Wer braucht in Zeiten von Wikipedia und Internet ein Buch in dieser Form? Ein Druckwerk kann natürlich immer nur eine Momentaufnahme sein, in diesem Fall liegt der Stand vom August 2010 zugrunde, beispielsweise ist der Tod des Autojournalisten und Museumsbesitzers Fritz B. Busch bereits erfasst, der Tod des Rennfahrers und Teamchefs Tom Walkinshaw hingegen nicht. Und in der Kürze der Beiträge fallen doch viele wichtige Fakten unter den Tisch, bei Jim Hall steht dann: „1964 sah man ihn bei Rundstreckenrennen auf Chaparral.“, dass er diese Rennwagenmarke gegründet und mit technischen Innovationen zum Erfolg geführt hat, wäre wohl schon wichtig! Stichproben ergaben auch sachliche Fehler, z. B. hat Klaus Ludwig in Le Mans 1984 und 1985 gewonnen, nicht 1985 und 1986. Bei vielen Biographien fehlen auch Hinweise, ob der Betreffende noch lebt. Vielleicht kann man den Sinn des Buches darin sehen, dass man sich einen ersten Überblick verschafft, und dann selbst recherchiert. Die Auswahl, wer erwähnt wird und wer nicht, war nach Aussage von Schrader durchaus schwer, aber es verwundert schon, dass zum Beispiel Mauro Forghieri, der langjährige Konstrukteur bei Ferrari, nicht enthalten ist.
Erwähnenswert ist der Indexteil, mit dem man über technische Stichworte, Marken, Unternehmen, Institutionen, Orte, Motorsport und Namen nach Einträgen suchen kann, eine hilfreiche Sache!
Die Autoren rund um Halwart Schrader haben sich zweifellos einer Fleißaufgabe gestellt, leider ist man den Weg aber nicht konsequent bis zum Ende gegangen. Lücken und Fehler passen nicht zu einem Buch, das als Enzyklopädie dienen soll. Bleibt der Unterhaltungswert, beim Blättern und Lesen fallen einem oft Namen und Personen auf, die ansonsten längst vergessen wären.
Motor Men ist im Motorbuch Verlag erschienen, hat 288 Seiten, ISBN 978-3-613-03202-6 und kostet 39,90 Euro.
Besprechung: Rudi Seidel