
Dienstag, 27. Juli 2010
Dino - Der kleine Ferrari und seine Verwandten von Fiat und Lancia - eine Dokumentation von Nico Schumacher
Dies ist nicht das erste Werk zum Thema, aber nachdem das ebenfalls bei Motorbuch erschienene Standardwerk „Dino - die anderen Ferrari“ von Jean-Pierre Gabriel schon rund 20 Jahre alt ist, waren wir gespannt, was der bisher nicht als Autor bekannte Nico Schumacher, Gründer des Dino-Registers, aus dem Thema geholt hat.
Das Buch macht deutlich, dass der Verfasser ganz tief in der Materie steckt. Alleine die Materialsammlung, die dem Werk zugrunde liegt, ist aller Ehren wert. Von allen Dokumenten wie Katalogen, Handbüchern, Farbkarten bis hin zu den originalen Schlüsselanhängern und Werkzeugsets wurde nichts vergessen. Die technische Beschreibung bis in die Details der Dinoplex-Zündung usw. und vor allem die Herausarbeitung der Unterschiede der einzelnen Modelle und Baureihen sowohl beim Dino als auch bei den Fiats lässt keine Fragen offen. Hochinteressant das Kapitel über die Herstellung der Karosserie und die Bilder der noch existierenden Positivform, über die die Bleche gedengelt wurden und noch heute werden! Erfreulich ist auch die Fotoserie über die Restaurierung der schönen Berlinetta Competizione, die bei Pininfarina für den bekannten Sammler Jim Glickenhaus durchgeführt wurde. Eine Fleißarbeit stellt das Literaturverzeichnis dar, in dem neben den zahlreichen Büchern auch unzählige Zeitschriftenartikel aufgeführt sind. Und die Erwähnung des Gipsy, eines Einzelstücks mit Dino-206S-Triebwerk ist positiv anzumerken.
Die Renngeschichte ist ansonsten leider nicht so überzeugend dargestellt. Meiner Meinung nach wäre ein Beginn mit dem ersten reinen Dino, dem 166 von 1965 geschickter gewesen, und vor allem ist die Bebilderung dieses Kapitels mit Aufnahmen von aktuellen Veranstaltungen nicht befriedigend. Überhaupt fehlt es diesem Buch an historischem Fotomaterial, die teilweise amateurhaften Bilder von Messen, Museen oder Veranstaltungen genügen nicht immer den Ansprüchen an ein hochwertiges Werk. Komisch sehen dann auch die ihrer Zeichen beraubten Nummernschilder aus, diese nackten weißen Flächen stören sehr. Und bei der ansonsten an den Tag gelegten Akribie wundert uns, dass viele Sonderkarosserien wie die Fiat Dino von Pininfarina oder der Bertone Sibilo auf Stratos-Basis fehlen. Der erwähnte Statos Fenomenon kommt hingegen nicht von Lancia, sondern von dem jungen Designer Chris Hrabalek, der zusammen mit seinem Vater eine berühmte Sammlung der Lancia-Keile besitzt. Die Liste der Modellautos ist auch aufgrund der unvollständigen Bebilderung nicht wirklich informativ, außerdem fehlen wichtige Modelle wie zum Beispiel die tollen Dinos von Look Smart (Competizione) oder Eidolon.
Der Gesamteindruck dieses Buches ist also durchaus zwiespältig. Dino-Eigner oder Kaufinteressenten finden sicherlich wichtige Informationen, der an der Historie interessierte Leser legt das Buch mit gemischten Gefühlen aus der Hand. Er ist mit dem alten Gabriel-Buch wohl besser beraten.
Dino von Nico Schumacher ist im Motorbuch Verlag erschienen, ISBN: 978-3-613-03145-6, hat 288 Seiten, 33 s/w Bilder & 396 Farbbilder & 34 Zeichnungen, Format: 230mm x 265mm
und kostet 49.90 €.
Rezension: Rudi Seidel