
Sonntag, 10. Januar 2010
Formel-Abenteuer in der Anderthalbliter-Ära - Porsche 718 + 804 - Ein Buch über die Monoposti aus Zuffenhausen der 60er Jahre
Nach unzähligen Büchern über die berühmten und erfolgreichen Sportwagen der Marke gibt es jetzt endlich auch ein Werk über den Einsatz von Porsche in der Formel 2 und Formel 1 von 1959 bis zu den letzten privaten Einsätzen 1964, verfasst vom bewährten Team Födisch/Neßhöver/Berndt/Roßbach. Bewundernswert der Mut des Verlages Reinhard Klein, ein solch aufwendiges Buch über ein doch nicht so bekanntes Thema zu veröffentlichen!
Porsche kam eigentlich eher per Zufall in den Formelsport: Die Formel 2 der späten 50er Jahre ließ auch den Einsatz von Autos mit verkleideten Rädern zu, deshalb fand sich so mancher 550 Spyder im Starterfeld. Vom 718 gab es dann schon Fahrzeuge, die man auf Mittellenkung umbauen konnte, und der 718/2 war dann der erste echte Monoposto. Die Entscheidung der CSI, aus der Formel 2 die zukünftige Formel 1 zu machen, machte Porsche den Weg in die Königsklasse leichter. Allerdings brauchte man dafür ein konkurrenzfähiges Auto, das mit dem 804 mit luftgekühltem 8-Zylinder-Boxer und modernem Fahrwerk entwickelt wurde. Die alten 718-2 wurden an Privatiers verkauft und noch bis 1964 eingesetzt. Porsche konstruierte wirklich das ganze Auto selbst, Motor, Getriebe, Rahmen, Karosserie, selbst die Scheibenbremsen waren eine komplette Eigenentwicklung! Der Weg war eher steinig, Dan Gurney konnte 1962 zumindest einen zur WM zählenden Grand Prix in Frankreich gewinnen, aber am Ende der Saison sorgte Ferry Porsche für das Ende der Werksbeteiligung: Zu teuer, zu serienfern, zu personalintensiv; der 804 verschwand von den Rennstrecken. Der 8-Zylinder hatte allerdings im Sportwagen noch eine längere Karriere, die im 1-2-3-Finish in Daytona 1968 mit dem Typ 907 ihren Höhepunkt fand. Spätere Formel 1-Aktivitäten der Firma Porsche gehören nicht in dieses Buch, man war ja nur Motorenlieferant oder Entwickler. Die Typen 718-2 und 804 sind bis heute die einzigen echten Porsche im Formelsport.
Das Buch ist im gewohnten Stil aufgemacht: Sehr großes Format, daher sehr opulente Wiedergabe der Bilder, nahezu ohne über den Bund zu gehen, klares Layout, hohe Druck- und Papierqualität und hervorragende Bildauswahl unter Verwendung vieler unveröffentlichter Aufnahmen. Besonders erfreuen die vielen Detailfotos von der Technik der Autos und ganz frühe Farbbilder. Die Zweisprachigkeit (deutsch/englisch) kann man bei einem so speziellen Thema akzeptieren.
Wie schon von den Büchern über die 908- und 917-Baureihen bekannt, ist das Werk in mehrere, durchaus voneinander unabhängige Kapitel geteilt. Zuerst ein kompakter Abriss der Geschichte, die bis zum 804 führt, dann die Entwicklung bei Porsche, beginnend beim Cisitalia Grand Prix über die Spyder zum 718-2, gefolgt von der Saison 1962, der besten Zeit für Porsche in der Formel 1. Die Rennen mit Porsche-Beteiligung von 1957 bis 1964 füllen das nächste Kapitel, auch Exoten wie der Behra-Porsche finden Erwähnung. Bis zum bitteren Ende, dem tödlichen Trainingsunfall von Carel de Beaufort am Nürburgring mit seinem privaten 718 wird nichts ausgelassen.
Eine besondere Stärke auch dieses Buches sind die persönlichen Erinnerungen bedeutender Porsche-Männer aus der Zeit. Neben Hans Mezger und Peter Falk kommt natürlich auch Herbert Linge zu Wort. Interessant auch das Kapitel über die komplizierte Technik des 8-Zylinder-Boxers und seine Montage. Kurzbiographien der wichtigsten Piloten von Edgar Barth bis Heini Walter und als wahre Fleißarbeit der Statistikteil mit allen Rennbeteiligungen von 1957 bis 1964 runden dieses wirklich tolle Buch ab.
Zwei kleine Kritikpunkte: Der Schreibstil überschreitet nach meiner Ansicht manchmal die Grenze von lebhaft nach flapsig und die Aufteilung in einzelne autarke Kapitel bringt oftmals etwas Unklarheit in den chronologischen Ablauf. Außerdem führt es dazu, dass z. B. Gurneys Sieg in Rouen oder andere Ereignisse mehrmals im Buch abgefeiert werden. Der Gesamteindruck ist trotzdem sehr überzeugend.
„Porsche 718+804-Formel-Abenteuer in der Anderthalbliter-Ära“ ist im Verlag Reinhard Klein erschienen: Autoren: Födisch, Jörg-Thomas / Neßhöver, Jost / Behrndt, Michael / Roßbach, Rainer, Format: 30 x 32 cm, ISBN: 978-3927458437, Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Fotos: 55 Farb- und 238 Schwarzweiß-Fotos, Text: Deutsch, Englisch, Preis 59,90 Euro.
Sie können das Buch auch direkt beim Verlag bestellen, im Rally und Racing Webshop finden Sie auch ein attraktives Angebot an raren Büchern und Modellautos speziell zum Thema Rennen und Rallyes.
Besprechung: Rudi Seidel