
Donnerstag, 3. April 2025
Vom goldenen Zeitalter französischen Designs - „Roaring: Art, Fashion, and the Automobile in France, 1918-1939“ beim Hirmer Verlag
Ein ganz besonderer Titel hat uns vom Hirmer Verlag erreicht, eigentlich „nur“ ein Katalog, aber mit sehr viel Tiefgang. Es geht um die ab 12. April 2025 geöffnete Ausstellung „Roaring: Art, Fashion, and the Automobile in France, 1918-1939“ im Saint Louis Art Museum. Mit dem Münchner Verlag Hirmer haben die Verantwortlichen des Museums einen erfahrenen Partner für hochwertige Kunstbände gefunden und das sieht man diesem Werk sofort an. Die gesamte Aufmachung ist wunderschön, Druck und Bildwiedergabe perfekt, das Layout klar und übersichtlich. Sowohl die Reproduktion alter Dokumente als auch die aktuellen Farbfotos der Ausstellungsstücke sind wunderbar wiedergegeben.
Doch nun zum Inhalt: Wie der Titel schon aussagt, demonstriert die Ausstellung die gemeinsame Entwicklung von Kunst, Mode und Automobildesign in Frankreich zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg. Auch die Architektur der Zeit spielt eine Rolle, in den Begleittexten wird die Wechselwirkung der genannten Bereiche sehr deutlich und lesenswert dargestellt. Ein großes Thema war schon vor rund 100 Jahren das Design der Autos, einige Zeitgenossen mokierten sich über die immer kleiner werdenden Fensterflächen, die die Übersichtlichkeit verschlechterten. Irgendwie wiederholt sich alles einmal...
Die für die Ausstellung von diversen Sammlern und Museen zur Verfügung gestellten Autos werden in kurzen Artikeln und mit hervorragenden Studioaufnahmen präsentiert. Die großen französischen Marken sind dabei, von Bugatti über Delahaye, Delage, Hispano-Suiza, Talbot-Lago bis zu Voisin, mit dem Alfa Romeo 6c 1750 hat sich ein Italiener „eingeschlichen“. Die Wichtigkeit dieser Zusammenstellung verdeutlicht, dass sogar die Henry Ford Collection ihren Bugatti 41 Royale aus dem Hause gab, was man eigentlich sehr ungern tut.
Am Beispiel von Figoni & Falaschi wird beschrieben, wie der Karosseriebau in dieser Zeit vor sich ging, ein weiteres Kapitel widmet sich dem genialen, aber auch sehr extravaganten Ingenieur Gabriel Voisin und seinen diversen Projekten und im Zusammenhang mit den damaligen Concours d'Élegance kommt die Tänzerin und Stilikone Josephine Baker vor. Überhaupt waren die Zwanziger Jahre gleichbedeutend mit dem Auftreten der selbstbewussten Frauen als Autofahrerinnen, auch das ein Thema dieser Ausstellung.
Wenn man gerne über den „automobilen Tellerrand“ schauen möchte, hat man mit diesem opulenten Katalog sicher große Freude und versteht auch die Entwicklung von Stil und Form in einer der spannendsten Epochen von Kunst, Mode und Design besser. Der Text ist übrigens in Englisch abgefasst, lässt sich aber gut lesen, wenn man einigermaßen gute Kenntnisse der Sprache hat. Und ansonsten kann man die tollen Fotos und Bilder genießen.
Wie es sich für einen guten Katalog gehört, findet der Leser am Ende eine detaillierte Liste der Ausstellungsstücke sowie ein Literatur- und ein Stichwortverzeichnis.
„Roaring: Art, Fashion, and the Automobile in France, 1918-1939“ ist im Hirmer Verlag erschienen, 208 Seiten mit 260 Abbildungen im großen Format 29 x 25,5 cm, Leineneinband, englischer Text, ISBN 978-3-7774-4458-1, Preis in Deutschland 49,90 Euro. Erhältlich im guten Buchhandel oder direkt beim Hirmer Verlag.
Rezension: Rudi Seidel, Fotos: Hirmer Verlag GmbH