Dienstag, 8. Oktober 2024
Spannendes Auto, spannende Familie – Ferrari Uovo von James Page bei Porter Press
Es gibt einige ganz besondere Ferraris, die man schon an ihrem Spitznamen erkennt, ich denke nur an den 250 GT Breadvan oder eben an den 166 Uovo, dem dieses Buch gewidmet ist. Aber es geht in diesem spannenden Werk nicht nur um die Geschichte des Autos, sondern auch um die Familie Marzotto, die für dieses Einzelstück verantwortlich war.
Die Marzottos gehörten zu den wichtigsten Textilindustriellen in Norditalien, bereits 1836 gründete Luigi Marzotto in Valdagno bei Vicenza eine Wollspinnerei, aus der sich bis 1931 ein Unternehmen mit 4.000 Mitarbeitern entwickelte. Der damalige Patron Gaetano und seine Frau Margherita hatten insgesamt acht Kinder, darunter die Söhne Vittorio, Umberto, Giannino und Paolo. Diese vier Burschen wurden bald vom Rennbazillus befallen, so starteten Giannino und Umberto bereits 1948 bei der Mille Miglia und holten mit einer Lancia Aprilia Platz 28. Natürlich kam bald der Wunsch nach schnellerem Material auf, und da genug Geld vorhanden war, kaufte Vittorio als erster einen Ferrari, einen 166 Spider Corsa. Bereits 1950 gelang Giannino mit seiner Ferrari 195 S Berlinetta Touring der erste große Sieg seiner Karriere bei der Mille Miglia, ein Erfolg, den er 1953 mit einem Werkswagen wiederholte. Überhaupt blieb die Verbindung Ferrari/Marzotto über den ganzen Zeitraum der Rennaktivitäten der Brüder bestehen, bis diese sich dem Familienunternehmen widmen mussten.
Zwischen den beiden Erfolgen bei der Mille Miglia lag die Entwicklung und der Bau des Ferrari Uovo. Giannino Marzotto war der Meinung, dass man nur mit verbesserter Aerodynamik weiterhin erfolgreich sein würde, bei Enzo Ferrari stieß er natürlich auf taube Ohren. Zusammen mit dem Konstrukteur Franco Reggiani ließ er bei der Carrozzeria Fontana in Padua seine Vorstellung einer „Berlinetta aerodinamica“ realisieren, so entstand der legendäre Ferrari 166 „Uovo“. James Page geht natürlich genau auf die Bauzeit ein, die Recherche nach Fahrgestell- und Motornummer usw. war sehr umfangreich. Die Renneinsätze sowie Gianninos Sieg bei der Coppa della Toscana 1951 sind dokumentiert, ebenso wie der weitere Weg des Uovo, seine Restaurierung und sein heutiger Zustand. Das enthaltene Bildmaterial ist hervorragend, viele der Fotos stammen aus privatem Besitz. Das Layout ist klar, Druck und Bildwiedergabe sind optimal, der englische Text lässt sich flüssig lesen, auch wenn man kein Sprachgenie ist.
Dieses Werk ist wieder einmal der Beweis, dass man mit viel Arbeit und Herzblut ein Thema ausführlich behandeln kann und der Leser viel Neues erfährt, ohne dass man ein aufgeblähtes, sündhaft teures Buch produzieren muss. Diese 128 Seiten sind absolut lesenswert.
„Ferrari Uovo“ von James Page ist bei Porter Press International erschienen, 128 Seiten, über 100 Fotos, Text in Englisch, ISBN 978-1-913089-62-7, zu bestellen z.B. für 44,- Euro beim Racingwebshop.
Fotos: © Porter Press, Rezension: Rudi Seidel