Donnerstag, 9. November 2023

Mittendrin statt nur dabei - "Schlaflos im Renntransporter" von Robert Hahn bei McKlein

Vom Verlag McKlein wissen wir ja, dass man gerne sehr spezielle Titel publiziert, dieses brandneue Buch passt perfekt in die Reihe. Biographien von Teamchefs oder Rennfahrern gibt es ja genügend, aber die Leute, die im Schatten der Stars stehen, können aus ihrer Warte manche Geschichten ganz anders erzählen. So ist es auch beim Autor des vorliegenden Werkes: Robert Hahn kam als junger Mann in den internationalen Zirkus und lernte das aufregende Leben des Rennmechanikers mit allen Höhen und noch mehr Tiefen kennen.

Nach einer nicht besonders engagierten Schullaufbahn absolvierte Robert Hahn mit großem Erfolg eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker, sein Wunsch von Kindesbeinen an. Schließlich bewarb er sich 1967 auf eine Stellenanzeige als Rennmechaniker und bekam die Stelle im Team Joakim Bonniers. Der Schwede war zu dieser Zeit als Privatfahrer mit durchaus anspruchsvollem Programm unterwegs: Formel 1 mit einem McLaren-BRM, Langstrecke und Sportwagenrennen mit einem Lola T70, dazu später noch CanAm mit einem McLaren M6. Robert Hahn beschreibt sehr anschaulich sein Leben zwischen Aufbau der Fahrzeuge, Renneinsätzen und ewig langen Fahrten zum Transport der Einsatzfahrzeuge, immerhin schaffte er in der Saison 1968 35914 km! Besonders faszinierend sind die Erzählungen aus erster Hand vom Verhältnis mit Kollegen, Konkurrenten und Rennfahrern, wobei sein Chef, der in der Schweiz lebende Schwede Bonnier, nicht besonders gut wegkommt. Extrem wertvoll sind natürlich dabei die Bilder aus der Zeit, gut, dass der Autor schon damals immer mit dem Fotoapparat unterwegs war. Das Auf und Ab der Saison, die Probleme mit zu kleinem Budget, der dennoch große Anspruch des Piloten, all das fügt sich zu einem perfekten Stimmungsbild des Rennsports in den 60er Jahren, als kleine Private versuchten, ein paar Krümel aus dem großen Kuchen zu holen, die die Werksteams übrig ließen. Am Ende der Saison hatte Robert Hahn genug vom Zirkus und verließ das Team von Joakim Bonnier, interessanterweise gleichzeitig mit seinem Landsmann Edi Wyss, dem er einen Job verschafft hatte. Während Edi bei McLaren anheuerte, schlug Hahn ein Angebot von Jack Brabham aus und absolvierte in der Schweiz erfolgreich seine Meisterprüfung.

Für 1972 packte ihn der Rennvirus erneut, eine Beschäftigung bei Jo Siffert scheiterte am Tod des Schweizer Piloten, letztlich kam Hahn als Chefmechaniker zum GRD Racing Team Switzerland. Man bestritt die Schweizer Meisterschaft, die Formel 2-EM sowie Formel 3-Läufe mit einheimischen Piloten, vor allem mit Jo Vonlanthen. Die Organisation und die Besitzverhältnisse änderten sich mehrfach, für Aufregung und Chaos war immer wieder gesorgt. Nach zweieinhalb Jahren hatte Robert Hahn endgültig genug vom Leben als Rennmechaniker und warf mitten in der Saison hin.

Nach zwei Jahren in der Entwicklung von Textilmaschinen bei der Firma Sulzer in Winterthur wagte Robert Hahn den Schritt in die Selbständigkeit und gründete eine Fabrikvertretung für Alfa Romeo in seiner Schweizer Heimat Frauenfeld. Ganz ließ ihn der Rennsportvirus nicht los, er bewegte alle möglichen Alfa Romeos zuerst auf Clubebene und zuletzt einen ARGO JM-21 der Gruppe C3, mit dem er 1995 die Schweizer Trofeo Alfa Romeo gewann. Nach dem Verkauf seiner Firma im Jahr 2006 schloss sich gewissermaßen der Kreis, Robert Hahn arbeitete in Teilzeit bei Edi Wyss, der inzwischen einen weltweit anerkannten Restaurierungsbetrieb für Ferrari und andere Edelmarken aufgebaut hatte. Dort konnte er unter anderem an Rennautos wie dem Ferrari 312P Coupé von 1969 mitarbeiten.

Ich kann nur sagen, dass mich die Geschichte von Robert Hahn so fasziniert hat, dass ich das Buch innerhalb von zwei Tagen durchgelesen und jetzt schon mehrfach wieder hineingeschaut habe. Der Schreibstil ist kurz, trocken und zutreffend, erstaunlich, an wie viele Details sich der Autor noch erinnern kann. Das gewählte Querformat kommt großformatigen Bildern genauso entgegen wie einem übersichtlichen Layout. Die Fotos sind fast ausschließlich von hoher Qualität und natürlich oft aus ganz ungewohnten Blickwinkeln aufgenommen. Vor allem die Bedingungen, unter denen die Mechaniker damals arbeiten mussten, werden deutlich. Daniel Klein erzählte mir, dass die Zusammenarbeit mit dem Autorenteam sehr viel Spaß gemacht hat und dieser Titel eine Herzenssache des Verlags geworden ist. Das spürt man beim Lesen und Bilderschauen auf jeder Seite. Für die tolle Qualität von Text, Bildwiedergabe und Druck ist der Preis absolut gerechtfertigt, die Startauflage wird wohl leider nicht allzu hoch ausgefallen sein. Von uns kommt für diesen Titel eine absolute Empfehlung, hier erfährt der Rennsportfan, wie es hinter den oft strahlenden Kulissen wirklich zuging!

„Schlaflos im Renntransporter – Unterwegs zu den Rennstrecken 1968 – 1995“ von Robert Hahn ist beim Verlag McKlein Media erschienen, 320 Seiten, 380 Abbildungen, ISBN 978-3-947156-54-2, Preis 79,90 Euro. Zu bestellen portofrei (innerhalb Deutschland) beim Racingwebshop.

Fotos: © McKlein, Rezension: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.