Montag, 23. Oktober 2023

Pointierte Automobilgeschichte(n): „Fährt der alte Lord fort …“ von Halwart Schrader bei Motorbuch

Gleich als erstes soll die Herkunft der Titelzeile dieses unterhaltsamen, gleichwohl historisch fundierten Buches geklärt werden: Mit „Fährt der alte Lord fort...“ beginnt ein Schlager des leider bereits 1979 im Alter von 70 Jahren verstorbenen Heinz Erhardt, einem der größten deutschen Komiker aller Zeiten. Erhardt war aber auch Musiker, Schauspieler, Komponist, also ein Multitalent, das im Gegensatz zu den heutigen Comedians eher die leiseren Töne bevorzugte. Der Lord fährt übrigens mit dem Ford fort, dazu passt dann das T-Modell auf dem Titelfoto.

Halwart Schrader gehört mit Sicherheit zu den renommiertesten deutschen Autohistorikern, der aber keinesfalls nur an der Geschichte des Autos interessiert ist, wie an seinem letzten Werk zu sehen ist. Zusammen mit Volker Christian Manz verfasste er 2022 ein Buch über die Elektromobilität von den Anfängen bis heute. Der hier vorgestellte Titel hingegen soll den Leser vor allem unterhalten, hat dabei aber schon den Anspruch, auch historische Zusammenhänge zu erklären. Die Themen der einzelnen, kurzen Essays sind wohl nach Lust und Laune des Autors ausgewählt. Man könnte fast annehmen, dass Halwart Schrader nach vielen Jahren seinen Schreibtisch aufgeräumt hat und dabei auf alle möglichen Geschichten gestoßen ist, die er irgendwann recherchiert, aber noch nicht publiziert hat.

So zieht sich der Bogen vom Beginn der Motorisierung mit Dampf, Elektrizität oder Verbrennungstriebwerken über politische Größen, kuriose Ereignisse, Anfänge des Motorsports, weibliche Autopioniere und vieles mehr bis hin zu Niki Lauda, dem Designer Raymond Loewy, den Beatles und Gedanken über selbst fahrende Automobile, um nur einige Themen zu nennen. Als Aufhänger dienen oft mehr oder weniger berühmte Zitate namhafter Zeitgenossen wie die Einschätzung Kaiser Wilhelms II, der das Auto für eine vorübergehende Erscheinung hielt und an das Pferd glaubte.

Schrader zeigt hier, dass er ein begnadeter Schreiber ist, die Texte lesen sich angenehm, natürlich lässt er sowohl sein großes Fachwissen, aber auch seine weitreichende Allgemeinbildung einfließen. Die Fotos sind ausschließlich Schwarz/Weiß und wohl meistens noch unveröffentlicht. Der Schwerpunkt liegt allerdings auf der Frühzeit der Motorisierung bis hin zu den 30er Jahren, wer sich für spätere Epochen interessiert, wird weniger fündig. Bilder und Texte stehen nicht immer in direktem Zusammenhang, ergeben aber dann ein Thema für sich. Die Bildtexte sind entweder informativ oder eher lustig gemeint, wenn das Motiv nicht konkret zuzuordnen ist.

Man kann Halwart Schraders neuestes Werk also von vorne nach hinten durchlesen, es aber genauso auf den Couchtisch legen und nach Lust und Laune einzelne Kapitel herausgreifen. Der Unterhaltungswert ist garantiert. Druck und Bildwiedergabe sind sehr gut, das Layout ist klar und aufgrund der Schriftgröße und des Zeilenabstands ist die Lesbarkeit optimal. Wie so oft war wohl der letzte Blick des Lektorats etwas oberflächlich, was vor allem an Zwangstrennungen in der Zeile erkennbar ist, die durch Änderungen im Textfluss entstehen, aber auch an einigen dummen Satzfehlern. Kurios kommt mir der Bildtext auf Seite 51 vor, dass der Autor einen von Raymond Loewy verschlimmbesserten Jaguar E-Type mit dem Studebaker Commander von 1962 verwechselt, kann ich mir nicht vorstellen, wurde da vielleicht nachträglich das Foto getauscht? Bleibt noch der Preis zu kommentieren, 49,90 Euro für ein broschiertes Buch mit 240 Seiten ist schon eine Ansage, natürlich wissen wir, dass die Herstellung von Büchern zunehmend teurer und die Auflagen geringer werden. Die Zielgruppe dürfte ebenfalls nicht so groß sein wie beim x-ten Porsche-Titel, so müssen die Kosten natürlich auf eine relativ kleine Menge von Büchern umgelegt werden.

„Fährt der alte Lord fort …“ von Halwart Schrader ist beim Motorbuch Verlag erschienen, 240 Seiten, 400 Abbildungen in S/W, ISBN 978-3-613-04545-3, Preis in Deutschland 49,90 Euro.

Foto: Motorbuch Verlag, Rezension: Rudi Seidel

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