Dienstag, 19. Juli 2022

Von Freund zu Freund - „Einer dieser verwegenen Kerle – Kurt Ahrens“ von Eckhard Schimpf bei Delius Klasing

Kurt Ahrens gehört trotz seiner zwar kurzen, aber durchaus erfolgreichen Karriere nicht zu den bekanntesten deutschen Rennfahrern. Das mag sicherlich daran liegen, dass er sich selbst nie in den Vordergrund geschoben hat und als reiner Privatfahrer sein Geld auf andere Weise verdienen musste. Sein Freund, der Journalist und langjährige Koordinator von Jägermeister Racing, Eckhard Schimpf, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte von Kurt Ahrens zu veröffentlichen. Da er ständig Gelegenheit hatte, mit ihm zu sprechen und sich auszutauschen, entstand sozusagen eine Biographie „ohne Filter“, die zum Wesen von Kurt Ahrens passt.

Da beide in Braunschweig aufwuchsen, ergab sich sehr früh eine enge Freundschaft. Der Vater von Ahrens, Kurt Senior, war begeisterter Rennfahrer und übertrug diese Gene auf seinen Sohn. Der „Alte“ war schon in den 30er Jahren als Speedwayfahrer unterwegs, nach dem Krieg kam die Formel Junior, aber auch Sportwagen wie der erste an Privat ausgelieferte Porsche 550 Spyder oder ein Mercedes 300 SL Flügeltürer. Das Geld dafür kam aus einem florierenden Schrotthandel, in den auch der Sohn einstieg. Ab 1960 waren Vater und Sohn gemeinsam in der Formel Junior unterwegs, nach drei Jahren und einem Unfall des Seniors kam das Ultimatum des Juniors: „Entweder hörst du mit dem Rennfahren auf oder ich!“ So beendete Ahrens Senior mit 55 Jahren seine Karriere.

Der Junior war bereits 1958 in die Formel 3 eingestiegen und nahm nebenbei an Rallyes teil, immer mit seinem Kumpel Schimpf als Copiloten. Den kleinen Rennwagen blieb er treu und errang viele Erfolge in den Formeln Junior, 3 und 2. 1968 bekam er sogar die Chance zu einem Formel 1-Einsatz, auf einem Brabham holte er auf dem Nürburgring Platz 12, nahm aber das Angebot von Black Jack zu weiteren Einsätzen nicht an, weil er immer unabhängig bleiben wollte.

Seine tollsten Jahre waren 1969 und 1970 als Werksfahrer für Porsche, wie er erzählte, ohne eine Gage zu fordern! Zusammen mit Jo Siffert errang er am Salzburgring 1969 den ersten Sieg für den Porsche 917, mit dem er ein Jahr darauf beim Testen einen Horrorunfall nahezu unverletzt überstand. Als er dann mit dem kürzlich verstorbenen Vic Elford, von dem das Vorwort zum Buch kommt, das 1000 Km-Rennen am Nürburgring gewinnen konnte, wäre er in der Spitze der Sportwagenpiloten angekommen. Aber nach dem zweiten Rang bei den 9 Stunden von Kyalami im Hippie-917, wieder mit Jo Siffert, beendete er im Alter von 30 Jahren seine Karriere, um sich um die Familie und den Betrieb zu kümmern. Ein allerletztes Mal steuerte er 1972 einen Werks-Capri in Brünn, noch heute schimpft er über die schlechten Bremsen. Aktuell kann man Kurt Ahrens bei historischen Rennen und Treffen mit seinen Kollegen von damals sehen, mit Hans Herrmann verbindet ihn eine enge Freundschaft.

Eckhard Schimpf hat die richtige Balance von Fakten und Stories gefunden. Man lernt viel über das Renngeschehen in den 60er Jahren, findet aber auch jede Menge Anekdoten. Ein Kapitel des Buchs besteht aus der Zusammenfassung vieler Gespräche, aus den Antworten wird der unverbogene, direkte Charakter von Kurt Ahrens deutlich. Ich war so fasziniert, dass ich die 144 Seiten sofort durchlesen musste. Die Fotos sind gut ausgewählt, einige sind im Druck leider etwas finster herausgekommen. Das Korrektorat hat sauber gearbeitet, das Layout ist schlicht und klar. Sehr erfreulich ist eine Tabelle über alle Rennbeteiligungen und Erfolge von Kurt Ahrens. Ich persönlich schätze solche kompakten Bücher ohne zu viel Drumherum sehr, viele Verlage neigen heute dazu, aus jedem Thema eine repräsentative Luxusausgabe zu produzieren, die deshalb auch nicht mehr an Wissen vermittelt. Der Preis von 29,90 Euro mag im ersten Moment hoch klingen, ist aber auf jeden Fall gerechtfertigt, dieses Buch zeigt das Prinzip „Mehr sein als scheinen“.

„Einer dieser verwegenen Kerle – Kurt Ahrens“ von Eckhard Schimpf ist bei Delius Klasing erschienen, 144 Seiten, 144 Abbildungen, ISBN 978-3-667-12520-0, Preis in Deutschland 29,90 Euro, als E-Book 23,99 Euro. Eine Leseprobe, allerdings aus der digitalen Ausgabe, findet man hier.

Foto: Delius Klasingl, Rezension: Rudi Seidel

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