Montag, 2. Mai 2022
Von Buckel, Weltkugel, Barock und Badewanne bis zum Knudsen - Ford Taunus Story von A. F. Storz bei Motorbuch
Rund ein Jahr nach seinem Buch über die großen Ford widmet sich Alexander F. Storz nun den Taunus-Baureihen, die 1945 mit dem überarbeiteten Vorkriegsauto, dem Buckel-Taunus, starteten und 1982 mit der Einführung des Sierra Geschichte wurden. Ein sehr interessantes Thema, dem bisher, wie der Autor selbst im Vorwort darstellt, recht wenig Beachtung geschenkt wurde.
Wie gewohnt, bekommt der Leser von Storz kein nüchternes Werk mit vielen technischen Daten und Erklärungen oder Restaurierungshilfen, sondern eine Typengeschichte, die den Blick auf das Umfeld, in dem sich die Autos bewegten, nicht vergisst. Deshalb findet man kaum die üblichen, bekannten Pressefotos oder neue Bilder restaurierter Fahrzeuge, sondern Zeitdokumente, zum Großteil aus dem umfangreichen Archiv des Autors. Solche Fotos können natürlich nicht immer von erstklassiger Qualität sein, aber die meisten dürfen aufgrund ihres Motivs dabei sein. Die Bildtexte dazu sind teils etwas weit hergeholt, da geht mit Storz manchmal die Phantasie durch, aber mancher Leser findet es unterhaltsam. Natürlich werden die Bildinhalte detailliert beschrieben, ob aber den Ford-Freund wirklich interessiert, welche Betonpumpe auf einem Baustellenfoto zu sehen ist? Wie gesagt, werden technische Details nur im Text erwähnt, wer Tabellen oder ähnliches sucht, muss andere Publikationen heranziehen. Hingegen werden Lackfarben und Serien- bzw. Sonderausstattungen genauestens aufgezeigt, das ist gewissermaßen ein Hobby des Autors. Dadurch sind die Texte manchmal etwas mühsam zu lesen, aber ansonsten kann man sehr zufrieden sein, die Geschichte der verschiedenen Baureihen, ihr Vergleich zur Konkurrenz, meist natürlich VW und Opel, aber auch die Probleme mit der großen Mutter in den USA werden kompetent geschildert.
Das erste Kapitel zeigt den Werdegang von Ford in Deutschland von den Anfängen in Berlin bis zum Ausbruch des Krieges, interessant, wie man als US-basierendes Unternehmen in Nazi-Deutschland zurecht kam. Beim zweiten Kapitel über den Buckel-Taunus zeigt sich wieder die Stärke des Archivs und das Wissen des Autors über diverse Sonderaufbauten wie den Woody eines Münchner Karosseriebauers. Ausgiebig ist auch die Historie des Weltkugel-Taunus bis hin zu seiner letzten Ausführung, dem sogenannten Streifen-Taunus beschrieben, als kleiner Exkurs folgen die Rallye-Einsätze, die auch in späteren Kapiteln berücksichtigt werden. Vom Barock zur Badewanne geht es weiter, nett, dass die damaligen Autotypen oft noch Spitznamen bekamen. Es folgt ein eingeschobenes Kapitel über Sonderkarosserien von Deutsch, natürlich liegt der Schwerpunkt auf Cabrios auf Ford-Basis. Der Taunus 12m P4, das ursprünglich Cardinal genannte „Findelkind“ aus den USA zeigt, wie sehr die Amis das Programm bestimmten. Der P5 hingegen war eine rein deutsche und sehr erfolgreiche Schöpfung, natürlich vergisst Storz nicht das italienische Coupé von OSI. Mit P6 und P7 ging es dann langsam zu Ende mit dem Taunus, bereits 1968 verloren die 12m, 15m, 17m und 20m diesen Beinamen, dafür gab es mit den RS-Modellen die volle Kriegsbemalung und sportliche Features, die nicht wirklich zu den meist braven Fords passten. Ab 1970 gab es dann noch einmal einen Taunus, allerdings ohne irgendein „m“. Zuerst mit Knudsen-Nase und Hüftschwung, später schlicht und recht elegant, wurden er und sein britisches Pendant, der Cortina, vom ganz anders aussehenden Sierra ersetzt. Im letzten Kapitel geht Storz auf Lizenzproduktionen ein, wie zum Beispiel in Südafrika oder Südkorea, sowie auf die erfolglosen Versuche, französische oder britische Ford-Produkte in Deutschland zu vermarkten, wie die Vedette oder den Consul Capri. Dann endet das Buch etwas abrupt, mancher Leser würde sich bestimmt auch einen Tabellenteil wünschen, Produktionszahlen, technische Daten, Preise usw. muss man sich etwas mühsam aus dem Text herauslesen, soweit vorhanden. Das immense Wissen von Alexander F. Storz über Modellautos würde sich natürlich auch für eine Übersicht zu diesem Thema anbieten, aber vermutlich hat der Verlag die Bremse gezogen, um Umfang und Preis zu begrenzen.
Bleibt als Fazit, dass der Leser eine unterhaltsame, kompetent verfasste Übersicht der Ford-Modelle mit dem Namen Taunus bzw. 12m bis 20m bekommt. Der Schreibstil ist nicht jedermanns Sache, aber das kennt man ja aus anderen Werken des Autors. Die Produktion des Buchs ist, wie von Motorbuch gewohnt, gut gemacht, über die schlechte Qualität mancher Fotos muss man wegsehen, ob sie wirklich alle hätten veröffentlicht werden müssen, ist fraglich. Das Lektorat hat gut gearbeitet, mir sind nur ein paar Kleinigkeiten aufgefallen, der Designer des P4 hieß Bordinat, nicht Bordiat und die Apartheid schreibt sich in der Mitte mit „t“, oder war vielleicht ein Franke am Werk? Das Layout ist übersichtlich, Druck und Bindung tadellos.
„Ford Taunus Story - Alle Generationen seit 1945 - Buckel, Knudsen & Co“ von Alexander F. Storz ist im Motorbuch Verlag erschienen, 208 Seiten, 300 Abbildungen, ISBN 978-3-613-04439-5, Preis 34,90 €.
Fotos und Rezension: Rudi Seidel