Mittwoch, 3. November 2021

Mercedes-Benz C 111, Fackelträger, Traumsportwagen und Rekordjäger bei Motorbuch

Die Präsentation eines Supersportwagens mit Kreiskolbenmotor 1969 auf der IAA in Frankfurt brachte Mercedes-Benz eine ungeheure Aufmerksamkeit, die Hoffnung auf eine spätere Serienfertigung des C 111, wie der flotte Keil genannt wurde, erfüllte sich nicht. Die ganze Geschichte des Projekts C 101, wie das Auto ursprünglich hieß, von den ersten Studien über die späteren Dieselrekordfahrten bis zum aktuellen Bestand schildert das neue, umfassende, von Mercedes-Benz Classic herausgegebene Werk. Das Autorentrio Wolfgang Kalbhenn, Gerhard Heidbrink und Joachim Hack hat ganze Arbeit geleistet, ich möchte gar nicht wissen, wie viele Stunden man im Archiv von Mercedes-Benz zugebracht hat, um das Material für 432 Seiten Umfang zu recherchieren.

Wolfgang Kalbhenn, einer der drei Autoren, war ab 1969 in der Versuchsabteilung für die Wankeltechnik von Mercedes-Benz tätig und kann dementsprechend aus erster Hand berichten, die beiden Co-Autoren Gerhard Heidbrink und Joachim Hack sind ebenfalls ausgewiesene Kenner der Marke mit dem Stern. Dazu kommt, dass Herausgeber und Verlag wohl sehr großzügig waren, ein Buch dieses Umfangs und in hervorragender Ausführung ist mit 69 Euro äußerst günstig kalkuliert.

Die ersten Kapitel sind der Technik und Entwicklung des Kreiskolbenmotors und den ersten Konzeptstudien gewidmet. Hoch interessant sind die Auszüge aus den Protokollen der Gespräche unter den Verantwortungsträgern über die Möglichkeiten der Realisierung des Projekts. Von den ersten Entwurfszeichnungen, die mit dem späteren Produkt noch wenig bis nichts zu tun hatten, bis hin zum ersten Prototypen wird jeder Schritt bis ins kleinste dokumentiert. Die Pressestimmen sind teils ganz lustig, zeigen sie doch die Phantasie, mit der z.B. die Bild-Zeitung das Projekt begleitete.

Der Fertigstellung des ersten Fahrzeugs folgten dann Erprobungen, Verbesserungen, Diskussionen über das weitere Vorgehen, Rückschläge bei der Zuverlässigkeit der Wankelmotoren und der Bau einiger weiterer Prototypen. Die Autoren schildern diese Phase sehr eindrücklich, die Euphorie einerseits und die Bedenken gegenüber der neuen Technik werden vor allem durch die Gesprächsprotokolle transparent dargestellt. Die Auftritte der C 111 bei verschiedenen Veranstaltungen sind im Buch ebenfalls dokumentiert, natürlich auch die Resonanz des Publikums, die bis zur Überreichung von Blankoschecks durch kaufwillige Interessenten reichte.

Nach der Entscheidung, das Wankel-Projekt nicht weiter zu verfolgen, mutierte der C 111 zum Rekordjäger mit Dieseltriebwerk. Vom ersten C 111-2 Diesel, der die Optik des Wankel-Renners behielt, bis hin zu den aerodynamisch extrem geformten Fahrzeugen behandeln die Autoren dieses Thema erschöpfend mit vielen Fotos, Zeichnungen und technischen Details. Das letzte Projekt namens C 111-V kam nicht mehr zum Einsatz und so endete 1980 die Geschichte dieses für Mercedes-Benz unbezahlbarem Imageträgers.

Das Buch schließt mit den hoch interessanten Biographien jedes einzelnen C 111 und mit den aktuellen Einsätzen bei den verschiedensten Veranstaltungen. Schade eigentlich, dass der heute gezeigte C 111 von einem V8 statt eines Kreiskolbenmotors angetrieben wird, aber der Vorrat an diesen Triebwerken ist so klein, dass man keines davon kaputtmachen will. Tatsächlich fanden schon damals Fahrerprobungen mit Hubkolbenmotoren statt, weil es am Nachschub der Wankelmotoren mangelte. Eine ausführliche Tabelle mit technischen Daten sowie das Quellenverzeichnis komplettieren dieses großartige Buch.

„Mercedes-Benz C 111, Fackelträger, Traumsportwagen und Rekordjäger“ von Wolfgang Kalbhenn, Gerhard Heidbrink und Joachim Hack ist im Motorbuch Verlag erschienen, 432 Seiten, 940 Abbildungen, ISBN 978-3-613-04137-0, Preis in Deutschland 69,- Euro.

Rezension: Rudi Seidel

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