Mittwoch, 27. Oktober 2021
auto & modell unterwegs: Sonderthemen auf der Auto e Moto d'Epoca in Padua 2021
Nach der covid-bedingten Pause im Vorjahr (die Messe fand allerdings statt, aber uns schien die Reise damals zu unsicher) machte ich mich wieder auf den Weg zu meiner Lieblingsveranstaltung und wurde nicht enttäuscht. Man brauchte zwar an den Publikumstagen einiges an Geduld, aber ohne Fiebermessung, Green Pass und logischerweise einer Eintrittskarte kam niemand auf das Gelände. Der Publikumsandrang war wieder gewohnt groß, die gewünschten 1,5m Abstand waren oft nicht einzuhalten und das Tragen von Masken im Innenraum wurde eher leger gehandhabt. Mit 1600 Ausstellern und mehr als 5000 Fahrzeugen in elf Hallen sowie im Freigelände konnte jeder Besucher sicherlich etwas interessantes finden. Am Donnerstag, der als Fachbesuchertag deklariert war, zeigte sich das Wetter noch recht durchwachsen, am Wochenende schien die Sonne und der Aufenthalt im Freien war eine angenehme Abwechslung. Dazu gab es vier Sonderschauen zu bewundern, über die ich als erstes berichten will.
Universo Bertone
Wie im hier kürzlich von uns vorgestellten Buch von Gautam Sen wurden die noch vorhandenen Objekte der werkseigenen Sammlung von Bertone durch den ASI (Automotoclub Storico Italiano) erworben, jetzt nutzte man die Messe, um einige der interessantesten Prototypen zu zeigen. Für mich als langjährigen Salonbesucher gab es ein Wiedersehen mit Autos wie dem 1976 in Turin vorgestellten Rainbow, auf jeden Fall kann man an diesen Beispielen die Entwicklung des Autodesigns gut erkennen, Bertone war ja lange Jahre eines der Führenden Studios.
Autobianchi Runabout 1969, kleine Barchetta mit A112-Technik als Mittelmotor, Vorbote des Fiat X1/9
Citroen Camargue 1972, elegantes und schlichtes Coupé auf Basis des Citroen GS
NSU Trapèze 1973, sportliches Coupé mit dem Wankeltriebwerk des Ro 80
Ferrari Rainbow 1976, keilförmiger Targa mit der Technik des ebenfalls bei Bertone gezeichneten 308 GT4
Chevrolet Corvette Ramarro 1984, extremer Keil mit kleiner Glaskuppel
Lotus Emotion 1990, hätte eigentlich ein Bugatti werden sollen, wurde dann zum Vorschlag für einen neuen Esprit umfunktioniert
Bertone Bliz 1992, kleiner Roadster mit Elektromotor, schon vor fast 30 Jahren aktuell
Bertone Porsche Karisma 1994, als viersitziger Porsche seiner Zeit voraus
Bertone ZER Record 1994, mit Elektroantrieb auf über 300 km/h
Lancia Kayak 1995, wäre sicherlich das schönere Kappa Coupé gewesen
Bertone BMW Birusa 2003, brutales Design auf Basis des Retro-Roadsters Z8
Bertone Fiat Barchetta 2007, poliertes Aluminium und Glas, futuristisch, aber sicher nicht jedermanns Geschmack
Jaguar B99 2011, moderne Interpretation des klassischen Jaguar-Stils
L'Italia che vince le corse
Unter diesem Thema versammelte man Rennautos der Marken Fiat, Lancia, Alfa Romeo, Maserati und Lancia. Aus jeder Epoche bis in die 60er Jahre zeigte man ein prägnantes Exemplar italienischer Rennwagenkunst. Vom Fiat 130 HP von 1907 über einen frühen Maserati 26B Achtzylinder von 1928, den berühmten Alfa Romeo P2 von 1930, den Ferrari 500 F2, Doppelweltmeister 1952/53, den von Ferrari übernommenen und 1956 mit Fangio zu Weltmeisterehren gekommenen Lancia D 50 bis hin zum zierlichen 1,5 Liter Ferrari 156 Sharknose, der Phil Hill 1961 zum Champion machte, reichte die Bandbreite. Bis auf den Ferrari 156, der eine Replika aus Privatbesitz ist, stammen alle Renner aus dem Turiner Automuseum. Besonders beeindruckend war die Vorführung des Großen Fiat Grand Prix, dessen Vierzylindermotor mit 16286 ccm Hubraum einen Höllenlärm veranstaltete und mit offenem Ventiltrieb auch dem Auge einiges bot. Siehe hier.
Superturismo
Mit BMW M3, Audi A4 und diversen Alfa Romeo zeigt diese kleine Schau erfolgreiche Renntourenwagen der 80er und 90er Jahre, in deren Mittelpunkt die vollelektrische Alfa Romeo Giulia ETCR von Romeo Ferraris stand, der im nächsten Jahr im FIA eTouring Car World Cup starten soll, der höchsten Klasse im elektrischen Tourenwagensport. Mal sehen, wo diese Entwicklung hinführt, die Leistungsdaten sind ja schon beachtlich, aber Rennen ohne Sound?
Drei Generationen Endurance-WM von Lancia und Martini Racing
Martini gehörte lange Zeit zu den größten Motorsportsponsoren, ob Porsche, Lotus oder eben Lancia, war man in der Formel 1, bei den Langstreckenrennen und bei Rallyes durchaus erfolgreich dabei. Auf der Messe in Padua versammelte man dieses Jahr die drei Lancia-Grundmodelle, die Anfang der 80er Jahre aktiv waren. Den Lancia Beta Montecarlo Gruppe 5 kennen wir auch als DRM-Sieger mit Hans Heyer, allerdings mit anderem Sponsor. Der Gruppe 6-Spider Lancia LC1 war ein Lückenfüller, da Lancia nicht rechtzeitig mit seinem Gruppe C-Auto fertig war und man eine Reglementslücke ausnutzte, die eigentlich für ältere Gruppe 6-Renner gedacht war. Ab 1983 kam dann der LC2 zum Einsatz, ein echtes Gruppe C-Auto, das allerdings nur selten gegen die dominanten Porsche bestehen konnte.
Fotos und Text: Rudi Seidel