Dienstag, 20. April 2021

Nicht nur für Modelleisenbahner - "Faller - Die Welt von oben" von Ulrich Biene bei Delius Klasing

Ulrich Biene ist ja vor allem als liebevoller Wiking- und Siku-Chronist bekannt, aber von den kleinen HO-Autos zum passenden Zubehör für die Modelleisenbahn ist es nicht weit. Der Autor hat wieder alle Register gezogen, Archive durchforstet, mit Zeitzeugen gesprochen, aber auch die Faller-Welt neu arrangiert und fotografiert. Dieses Buch ist kein Katalog und keine minutiöse Chronik des Hauses Faller, sondern eine kurzweilige, in Episoden erzählte Geschichte der Spielzeug- und Modelleisenbahnzeit nach 1945 bis heute, für die die Marke aus dem Schwarzwald sicherlich führend war. Wer gedacht hätte, Verlag und Autor machen es sich leicht, und hängen zum 75jährigen Jubiläum von Faller einfach ein paar Kapitel an das bereits vor fünf Jahren erschienene Werk zum gleichen Thema, sieht sich angenehm überrascht. Ulrich Biene hat tatsächlich neue Schwerpunkte gesucht und dazu absolut interessante Dinge entdeckt, so dass beide Bücher sich trefflich ergänzen.

Zugegebenermaßen ist der Stoff dieses Werkes nicht gerade unser Thema, aber wir denken, dass Modellautosammeln und Eisenbahn Spielen speziell bei unseren nicht ganz jugendlichen Lesern oft im Zusammenhang stand, der Autor verfügte in Kindheit und Jugend über mehrere Modellbahnanlagen, da blieb die Beschäftigung mit Faller-Bausätzen nicht aus. Vom noch in Gemischtbauweise mit Pappe, Mörtel und Plastikteilen erstellten Hotel-Café bis zum modernen Volksbankgebäude erstreckte sich die Bandbreite, auch die Faller-AMS-Autobahn im angenäherten H0-Maßstab war dabei. Und aktuell erlebt das Modellbahnhobby wieder einen Aufschwung, sogar im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung erschien ein großer Artikel über die erfolgreiche Sanierung der Traditionsmarke Märklin.

Ulrich Biene schafft es, Erinnerungen wach werden zu lassen, aber auch, den Leser zu informieren. Da geht es um die Entwicklung vom Holzspielzeug hin zum kunststoffverarbeitenden Industriebetrieb, Vorbildauswahl, Marketing und Ladendekoration, Entwicklung der Verpackung, Produktion von Modellbäumen, Ausgestaltung von Anlagen, Eigenbau mit Faller-Teilen und vielem mehr. Nicht nur in Deutschland waren Faller-Artikel gefragt, die große Nachfrage führte zur Übernahme der österreichischen Firma Hoffmann in Braunau und deren Produktionsanlagen. In den USA hingegen wurden Bausätze von der Firma Atlas mit individueller Verpackung vertrieben, darunter durchaus typisch deutsche Gebäude. Auch die neueren Entwicklungen wie das Car-System mit selbst fahrenden H0-Modellen oder die im Original noch in Hamburg existierende Gasolin-Großtankstelle als perfekt maßstäbliches Modell sind enthalten. Nur in der enthaltenen kurzen Chronik erwähnt der Autor die 1992 als Memory Cars angebotenen1:43-Modellautos in Kunststoffbauweise, die allerdings keinen großen Erfolg erzielten.

Wie bei Biene üblich, ist das Buch reichhaltig und qualitativ hochwertig illustriert, sowohl die historischen Fotos und Nachdrucke als auch die professionellen, aktuell produzierten Bilder verdienen höchstes Lob. Auch Druck und Fehlerlosigkeit des Textes sind über jeden Zweifel erhaben. Gut, manchem mag der Schreibstil teils etwas lieblich vorkommen, aber das passt sicherlich besser als eine knochentrockene Sprache zum Thema und spiegelt die Begeisterung Bienes wieder. Wir liefen jedenfalls sofort Gefahr, uns festzulesen und freuen uns auf einige unterhaltsame Stunden mit diesem Buch.

Wer also einen Bezug zu dieser Zeit hat und/oder mehr darüber wissen will, sollte dieses Buch kaufen.

„Faller - Die Welt von oben“ von Ulrich Biene ist bei Delius Klasing erschienen, 184 Seiten, 380 Fotos und Abbildungen, ISBN 978-3-667-12124-0, Preis 29,90 €

Fotos: Delius Klasing, Rezension: Rudi Seidel

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