Dienstag, 9. Februar 2021

Des Autors Liebling - "Die großen Ford - Komfort vom Rhein" von Alexander F. Storz bei Motorbuch

Wie der Untertitel sagt, will der Autor Alexander F. Storz einen Bogen über die großen Ford-Typen der 70er bis 90er Jahre spannen, diese Zeitschiene ergibt sich ganz einfach, weil vorher und nachher aus Köln nichts in dieser Größenordnung kam. Aus langjähriger Bekanntschaft weiß ich um Storz' etwas extravaganten Autogeschmack, zu seinen besonderen Lieblingen gehören neben den französischen Chrysler-Typen 160/180/2 Litres eben auch die Ford Granada vor allem der ersten Serie, wie man im Buch sieht, besitzt er sowohl eine Limousine als auch einen Turnier.

Schon aus der Einleitung geht das Ziel des Autors hervor, es soll kein Schrauberbuch darstellen, sondern die Autos in ihrer Zeit und in ihrem Umfeld zeigen, ohne natürlich technische und ausstattungsbezogene Details zu vernachlässigen. Gewissermaßen als Einstimmung zeigt Storz einige Varianten des P7 genannten 17M/20M, des Vorgängers der späteren Consul/Granada. Mit dem 26M existierte davon eine Luxusausführung, von der leider nur ein Foto im Buch enthalten ist. Dann wird sehr ausführlich auf die Entwicklung, das Design und die Markteinführung im Jahre 1972 der neuen, gemeinsam von der deutschen und der englischen Entwicklungsabteilung geschaffenen Baureihe für die obere Mittelklasse eingegangen. Die Konkurrenzsituation, vor allem natürlich zum Opel Rekord, wird genau betrachtet. So geht es dann weiter über das leichte Facelift von 1975 zum Granada II, der von manchem begrüßt, von anderen bedauert, statt der eher barocken Formen mit klaren Kanten und Ecken die Kunden überzeugen wollte. Besonderes Augenmerk legt Storz immer auf die Turnier-Varianten, damals Deutschlands Kombi mit der größten Ladekapazität. Soweit ich mich erinnern kann, konnte man damit sogar flachliegend normale Zimmertüren transportieren! Eine Paradedisziplin des Autors sind natürlich die angebotenen Sonderversionen, sein Archiv ist fast unergründlich. Über Taxis, Einsatzfahrzeuge kommt dann das Thema Bestattungsfahrzeuge, dafür war der große Ford natürlich extrem gut geeignet.

Die nächsten Kapitel führen uns nach England, dort wurde nur der erste Granada produziert, die späteren Exemplare kamen immer aus Köln. Und ebenfalls von der Insel kamen die tollsten verlängerten Ford vom heute noch existierenden Unternehmen Coleman Milne. Neben einigen anderen Sonderkarosserien und Studien macht Storz mit dem Leser eine kleine Weltreise, große Ford gab es auch in Portugal, Korea und Südafrika. Auch vor Tuning konnten sich die Consul/Granada nicht immer retten, ob optische Elemente, Turboaufladung oder sogar ein dicker V8, alles war möglich. Und die Stahlbaufirma Herzog aus dem Taunus nutzte die Granada-Technik für ihr Schwimmwagenprojekt Conte, das allerdings ein Einzelstück blieb. Die Gründe dafür schildert der Autor, wie er sich auch mit dem Verhältnis der großen Ford zu den in Deutschland lebenden Türken befasst. Ein mehrseitiger Exkurs betrachtet die türkische Autoindustrie in dieser Zeit, sicherlich interessant, aber vielleicht nicht ganz zum Titelthema passend. Einige Seiten über Consul und Granada in vermutlich letzter Hand leiten zum Kapitel über den letzten großen Ford aus Deutschland über, den sicherlich auch aufgrund seines kontroversen Designs ziemlich erfolglosen Scorpio. Das Unverständnis über die Aufgabe des Markts für große Kombis seitens der Kölner teile ich mit dem Autor, die Erfolglosigkeit vor allem des letzten, neu gezeichneten Scorpio wundert mich allerdings wenig, zu dieser Zeit regierte bereits der Mainstream der sogenannten Premium-Marken, wer wollte da schon mit einem Ford gesehen werden?

Wie gewohnt, finden sich kaum die typischen Werksbilder, sondern ganz typische, zeitgenössische Aufnahmen, die die Autos entweder im Neu- oder auch im Gebrauchtzustand zeigen. Natürlich schwankt die Qualität dieser Bilder ziemlich stark. Auf für viele Bücher typische aktuelle Fotos von besser oder schlechter restaurierten Fahrzeugen wird bewusst verzichtet, dafür gibt es noch jede Menge Druckprodukte von damals, darunter auch Teile sehr exotischer Prospekte aus dem Ausland. Vier Seiten mit den wichtigsten technischen Daten runden das Buch ab.

Dem Text merkt man oft an, dass Alexander F. Storz ein Liebhaber dieser Autos ist und deshalb nicht ganz neutral mit dem Thema umgeht. Ob Rubens wirklich auf den Granada gekommen wäre, wenn er damals schon ein Auto gemalt hätte, scheint mir sehr weit hergeholt. Und wenn es um den Kundenkreis und die Käufer geht, wird es schon klischeehaft. Dennoch ist dieses Buch interessanter Lesestoff und eine umfangreiche Annäherung an die sicherlich unterschätzten großen Ford-Typen.

Das Buch ist sauber produziert, die Bildwiedergabe gut, soweit es die Vorlagen erlauben, das Lektorat hat aufmerksam gearbeitet, was heute leider nicht selbstverständlich ist und der Preis ist mit 29,90 absolut gerechtfertigt.

„Die großen Ford - Komfort vom Rhein“ von Alexander F. Storz ist im Motorbuch Verlag erschienen, 224 Seiten, 300 Bilder, ISBN: 978-3-613-04369-5, Preis: 29.90 €

Rezension: Rudi Seidel

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