Sonntag, 19. April 2020

Al Satterwhite und sein Fotoalbum - "The Racers" - Langstreckenrennen 1963 bis 1973 bei Delius Klasing

Der Fotograf Al Satterwhite war mir ehrlicherweise kein Begriff, aber er gehört zweifellos zu den Großen seiner Zunft, eines seiner bekanntesten Werke ist „Titans“, für das er Muhammad Ali und Arnold Schwarzenegger porträtiert hat. Bereits 1962 nahm ihn ein High-School-Kamerad nach Daytona mit, als Dan Gurney das 3-Stunden-Rennen gewann, den Vorläufer der 24h dort. Da Satterwhite in Florida lebte, hatte er gleich zwei berühmte Rennstrecken im Umkreis, und so verfolgte er ab 1963 die jeweiligen Langstreckenrennen in Sebring und Daytona, soweit es ihm möglich war. Anfangs als Reporter einer Lokalzeitung, arbeitete er sich hoch und verkaufte seine Bilder später an namhafte Magazine. Daraus entstanden natürlich auch diverse Freundschaften, und Al lernte schnell, immer nahe am Geschehen, ohne im Weg zu sein. Bald gehörte er zu den Jungs in der Szene und kam ganz nah an seine Motive. In diesem Band sind seine fotografischen Erinnerungen an Situationen und Personen gesammelt, dazu alle möglichen Dokumente, Presseausweise usw., die dem Buch seinen eigenen Charme geben. Das Layout suggeriert so etwas wie ein Fotoalbum, in das der Besitzer seine Bilder, aber auch alle möglichen Souvenirs eingeklebt hat.

Der Text ist eher sparsam, aber sehr unterhaltsam. Sowohl das Vorwort von Brian Redman als auch seine Beschreibung einer Runde im Porsche 917 in Daytona sind guter Lesestoff, wie auch Bob Bondurants erzählung seines Einsatzes für Ferrari in Sebring 1966. Zu den von Satterwhite besuchten Rennen gibt es jeweils einen kurzen Einleitungstext in deutsch und englisch, dann folgen die Fotos, deren Unterschriften auf der Seite in englisch und am Ende des Buchs zusammengefasst auch in Deutsch zu finden sind. Die gezeigten Fotos sind durchwegs unbekannt und von hoher Qualität, zu meinen Favoriten zählen das Foto des Chapparral 2D an der Box von Daytona 1966 und die Bilder des zerfetzten und getapten Sunoco-Ferrari 512 M in Daytona 1971. Aber auch die vielen Porträts von Leuten wie Shelby, Revson, Bonnier, Phil und Graham Hill, Andretti, Ickx, um nur einige zu nennen, sind faszinierend. Die Intention, den Leser in die Faszination dieser Langstreckenrennen mitzunehmen, ist sicherlich gelungen.

Wo viel Licht ist, findet sich allerdings auch Schatten. Als Chronologie oder Dokumentation ist dieses Buch nicht zu sehen, es fehlen jegliche Listen oder Tabellen. Da Al Satterwhite nicht jedes Jahr bei beiden Rennen anwesend war, kann das Werk diesen Dienst einfach nicht erweisen. Das Layout als „Scrapbook“ ist durchaus gelungen, aber leider hätte man sich viele Fotos in größerer Wiedergabe gewünscht. An den Bildunterschriften stört mich manchmal, dass wie bei Graham Hill ganz lapidar vermerkt ist: Hill starb 1975, er war 46 Jahre alt. So macht die Aussage wenig Sinn. Leider finden sich auch ab und zu Fehler, Ken Miles hat zum Beispiel nie wirklich die 24 h von Le Mans gewonnen, auch wenn er 1966 der moralische Sieger war.

Wie von Delius Klasing gewohnt, ist das Buch sehr gut gemacht, sowohl die S/W- als auch die nicht so zahlreichen Farbfotos sind gut reproduziert, Verarbeitung und Layout sind gut, allerdings empfinde ich 78,- Euro für die 192 Seiten mit insgesamt rund 300, oft sehr klein gedruckten Fotos nicht gerade preiswert. ISBN: <span class="dk-dd">978-3-667-11856-1</span>

Könnte natürlich sein, dass man mit einer nicht allzugroßen Auflage rechnet. Oder waren die Rechte an den Fotos so teuer? Satterwhite selbst bietet auf seiner Website eine lauf 100 Stück imitierte Auflage für schlanke 350,- $ an!

Bleibt als Fazit: Ein nettes, unterhaltsames Portfolio der Rennen von Sebring und Daytona, schön, wenn man es im Bücherregal hat, aber unbedingt notwendig ist es nicht. Als großzügiges Geschenk für den Motorsportfan ist es sicherlich geeignet.

Rezension und Fotos: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.