Samstag, 31. März 2018

Riesiges Angebot und interessante Sonderschauthemen bei der Retro Classics Stuttgart 2018

Die Terminüberschneidung der Retro Classics in Stuttgart mit der Technoclassica in Essen war sicherlich unglücklich, der riesengroße Markt der klassischen Automobile machte dennoch zwei sehr interessante Messen möglich. Wer nun wirklich der Größte ist, interessiert uns eigentlich nicht, wir empfinden vor allem das Getöse aus Stuttgart etwas kindisch, wie auch die Wortwahl in den offiziellen Pressemitteilungen, wo man von Essen als „Marktbegleiter“ spricht. Ob letztlich 100 Autos mehr oder weniger in den Hallen stehen, ob die Ausstellungsfläche ein paar Quadratmeter größer oder kleiner ist, dürfte für den Besucher zweitrangig sein, wenn er genügend sieht, das seinem Interessengebiet entspricht. Und das war in Stuttgart sicherlich garantiert, egal ob man nach seinem Wunschklassiker oder Teilen und Zubehör suchte, sich mit Modellen oder Literatur eindecken oder einfach nur schöne Autos aller Art bewundern wollte. Auch für die vielleicht nicht so technikaffine Begleitung fand sich übrigens einiges, von Vintage- oder Designerhandtaschen über Bekleidung, Antiquitäten oder Maßschuhe bis hin zu vielen Delikatessen- und Probierständen reicht das Angebot. So blieb der Publikumsandrang mit 87.000 Besuchern hoch, lediglich 2 % unter der Zahl vom Vorjahr.

Eine neu hinzugekommene Halle erweiterte die Ausstellungsfläche und wurde mit einer riesigen Präsentation der SK-Collection würdig eingeweiht, aber dazu später mehr. Die letztes Jahr eingeführte „Passione Italiana“ wanderte in eine größere Halle, da kam direkt etwas Padua-Feeling auf. Mit dem Thema Neo-Classics wurde ebenfalls eine ganze Halle gefüllt, man wollte damit den Liebhaberfahrzeugen jüngeren Datums ein Forum bieten. Ansonsten alles wie gehabt, der Teilemarkt, die Automania-Modellbörse als Rahmenprogramm und eine große Dichte von Porsche und Mercedes in den Verkaufshallen. Es ist durchaus beeindruckend, wieviele 300 SL Flügeltürer und Roadster angeboten werden, allerdings auch das Preisniveau. Wir sahen zum Beispiel eine Reihe früherer Porsche 911, die für 149.500 bis 249.500 Euro ausgeschrieben waren, da haben wir irgendetwas verpasst . . .

Gut, wir wollten ja kein Auto kaufen, sondern wie immer auf die Jagd nach nicht alltäglichen Objekten gehen. Beginnen wir gleich in der neuen Halle 10, wo der Litauer Sammler Saulius Karosas einmal mehr Exponate seiner Kollektion präsentierte. Neben einigen Erdmann & Rossi-Sonderkarosserien brachte sein Team weitere Exponate aus den 30er Jahren sowie eine beeindruckende Auswahl russischer Autos nach Stuttgart. Alleine diese Schau war die Reise wert. Ebenfalls in der Halle 10 feierte der Opel-Tuner Irmscher 50-jähriges Jubiläum, dazu präsentierte man einige Fahrzeuge aus der Renngeschichte des Hauses. Der BMW M1 wird auch schon unglaubliche 40 Jahre alt, man dekorierte einen nach unserer Meinung etwas kleinen Sonderstand, auf dem vom bei Lamborghini entstandenen Prototypen bis zum Schnitzer-Turbo sechs Exponate gezeigt wurden, dazu kamen noch der Pooh-Jeans Procar und der Warhol-M1 auf anderen Ständen.

Eines der beeindruckendsten Stücke war sicherlich der Fiat-Viberti-Autotransporter, den ein Alfaclub-Mitglied aus Coburg in Oberfranken in Tschechien fand und in zehnjähriger Arbeit restaurierte. Aber auch weitere Exponate aus Italien erfreuten das Auge, wenn auch bei den großen Sportwagenmarken wie Ferrari, Maserati oder Lamborghini die Highlights eher fehlten. Die ganz frühe Lancia Aurelia B20 Serie 1, der spektakuläre Lancia Flavia Corsa Zagato, das für 150.000 Euro angebotene Fiat 1100 TV Coupé Pininfarina, der Alfa Romeo TZ2, ein schöner Bizzarrini 5300 GT, es gab genug zu entdecken. In der Auktion fanden wir zwei nahezu gleich aussehende Fiat 1500 GT Ghia, da hat der Restaurator wohl das Fließband angeworfen.

Völlig unbekannt war uns das BMW 502 Cabriolet, das von der Berliner Firma Jacobsen & Steinberg eingekleidet wurde, interessanterweise mit einer Kunststoffkarosserie, das mag damit zusammenhängen, dass man aus dem Bootsbau kam. Dazu passt vom Material der Colani GT, der vom Enfant Terrible des Designs für ein Käfer-Fahrgestell konzipiert wurde.

Spektakulär der AMC Javelin Trans Am, mit dem Mark Donohue 1971 unter der Leitung des Roger Penske Racing Teams die Meisterschaft erringen konnte, ob das das Originalfahrzeug ist, ließ sich nicht ermitteln. Porsche zeigte den 961 Le Mans, das erste Allradantriebsauto bei den 24 Stunden, immerhin erreichte man 1986 den 7. Platz, im Folgejahr verhinderte ein Unfall den Zieleinlauf.

Und wer sich für klassische Motorboote interessiert, konnte ebenfalls fündig werden, zum Verkauf standen ein Boesch-Boot aus der Schweiz sowie eine wunderschöne Riva Triton, die Vorgängerin der berühmten Aquarama. Dann war da noch der Woodill Wildfire, ein früher Kunststoffsportwagen aus den USA oder der „professionell zum Cabrio umgebaute“ Ford Comète, für den man trotz mangelnder Originalität 239.500 Euro abrief.

Nächstes Jahr klappt es übrigens ohne Terminprobleme, die Retro Classics Stuttgart findet vom 7. bis 10. März 2019 statt, vorher kann man noch vom 15.-18.11. in Köln oder vom 7.-9.12. in Nürnberg Events des gleichen Veranstalters besuchen.

Als Fazit können wir attestieren, dass auch dieses Jahr der Besuch in Stuttgart sehr lohnenswert ausfiel. Und ausserhalb unserer Interessen war noch viel mehr geboten. Man denke nur an die vielen Zweiräder, Nutzfahrzeuge oder Landmaschinen, die der Messe in der Schwabenmetropole ein gewisses Alleinstellungsmerkmal verleihen.

Fotos und Text: Rudi Seidel

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