Montag, 31. Juli 2017

Hochinteressante Industriegeschichte: Alfa Romeo - Das Werk - Die Ära Arese von Umberto di Paolo bei Heel

Dem Heel Verlag ist es zu verdanken, dass auch etwas speziellere Bücher in deutsch veröffentlicht werden. Zu dieser Kategorie zählt sicherlich dieses Werk, dass sich mit einer der wichtigsten Epochen der Marke Alfa Romeo auseinandersetzt.

Der Ursprung der Marke lag ja im Werk Portello, das allerdings für die immer umfangreichere Serienproduktion nicht mehr ausreichte. Man erwarb ein großes Grundstück in Arese, einem Vorort von Mailand, das verkehrsgünstig direkt an der Autostrada lag und Anfang 1960 erfolgte der Spatenstich für ein Werk, das zu den weltweit modernsten zählen sollte. 1963 konnte ein Teil der Produktion in Arese aufgenommen werden, bis zur kompletten Fertigstellung der Anlagen vergingen weitere elf Jahre. Das letzte Gebäude war das Entwicklungszentrum, so dass dann Produktion und Entwicklung endlich an einem Ort konzentriert waren. Natürlich wurde auch später ständig neuen Entwicklungen Rechnung getragen, zum Beispiel kam 1990 das Centro Stile nach Arese, unter Walter de Silva entstand eine neue Alfa-Formensprache, die mit Typen wie dem 156 sehr erfolgreich war. Das Centro Stile wurde allerdings von Fiat 2009 geschlossen und die Designabteilungen in Turin konzentriert. Die Fahrzeugproduktion wurde bereits neun Jahre vorher beendet. Der Großteil des Grundstücks wurde an Investoren verkauft, heute steht dort das Arese Shopping Center. Von Alfa Romeo ist nur noch das 2015 wiedereröffnete Museum und das Centro Tecnico übriggeblieben.

Der Autor liefert eine lückenlose und hochinteressante Dokumentation ab. Von der Vorgeschichte über die Bauzeit, alle Abteilungen eines Autowerkes in den 60er und folgenden Jahren, all das wird mit kompetenten Texten und unzähligen Bildern geschildert. Besonders gefallen uns die Fotos vom Testgelände, der Auslieferung, aber auch von der Entwicklungsabteilung mit ihren schrankgroßen Computern.

Ein Kapitel über alle in Arese produzierten Autos folgt, Vom ersten Auto, einer Giulia Sprint GT bis zu den letzten GTV und Spider 2000 sind alle Modelle aufgeführt, interessant die Tabellen mit Fahrgestellnummern, jährlichen Produktionsziffern und grundlegenden technischen Daten. Neben den Großserienprodukten wie Giulia, 1750, Alfetta, Giulietta, 90, 75 und 164 entstanden in Arese aber auch exotischere Fahrzeuge wie der als Duetto bekannte Spider, der Montreal oder der Alfa 6. Beim Blick auf die Fließbänder voller fabrikneuer Giulias, Spider oder Montreal würde man sich wünschen, am Ende des Bandes eines dieser Fahrzeuge aus der Halle zu fahren . . .

Der Motoren- und Getriebefertigung sind eigene Seiten gewidmet, immerhin wurde dort noch bis 2005 der sogenannte "Busso"-V6 produziert, ein weiteres Kapitel zeigt die Direktions- und Konferenzräume. Weitere spannende Einblicke gewährt der Autor ins Centro Stile, das Museum und das Dokumentazionszentrum.

Und dann kommt der eher traurige Teil, das Ende der Fabrik, der Abriss sowie der heutige Zustand des Geländes. Vervollständigt wird das werk durch Kurzbiographien wichtiger Köpfe bei Alfa Romeo.

Hervorzuheben sind der wirklich interessant geschriebene Text, der auch die wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge in Betracht zieht, sowie das unglaubliche Bildmaterial, dessen Sichtung und Auswahl sicherlich eine Mammutaufgabe war. Aber auch die Gestaltung, das Lektorat, die Fotoreproduktion und der Druck haben hervorragend gearbeitet. Umberto di Paolo hat ein wichtiges Stück Automobil- und Industriegeschichte in wunderbarer Weise publiziert und der Verlag Heel hat dieses Projekt zu einem vernünftigen Preis auf den Weg gebracht.

240 Seiten, über 200 Farb- und viele s/w-Fotos, ISBN 978-3-95843-482-0, Preis 49,95 Euro.

Rezension: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.