Montag, 26. Dezember 2016

Der Sicherheitspapst und sein Vermächtnis - "Béla Barényi und seine Erben" von Harry Niemann bei Motorbuch.

Spricht man von Sicherheit im Automobil, fällt einem sicherlich zuerst Mercedes-Benz ein, was zu einem großen Teil dem Ingenieur Béla Barényi zu danken ist, der bereits in den Dreissiger Jahren die Grundlagen schuf, nach denen noch heute Autos konstruiert werden. Man denke nur an die Fahrgastzelle mit Knautschzonen zur Energieaufnahme oder die Sicherheitslenksäule.

Béla Barényi wurde am 1. März 1907 in Niederösterreich geboren, nach dem Überstehen der Kriegswirren und dem Tod des Vaters studierte er in den Zwanziger Jahren in Wien. Nach einigen kurzzeitigen Arbeitsverhältnissen, unter anderem bei Steyr, Austro-Fiat, Adler und weiteren Gesellschaften stellte er sich 1939 bei der Daimler Benz AG vor und wurde zum 1. August übernommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte er zum 1. Oktober wieder beim Daimler anfangen, dort blieb er bis zu seiner Pensionierung am 31. Dezember 1972. Bis zu seinem Tod am 30. Mai 1997 blieb er der Weiterentwicklung des Automobils verbunden und empfing zahlreiche Ehrungen.

Harry Niemann hat sich der Aufgabe gestellt, sich mit der durchaus komplexen Materie der Forschungsarbeit von Béla Barényi und seinen Nachfolgern zu beschäftigen und beginnt mit einer Betrachtung der Gefahren der entstehenden Motorisierung. Der Ingenieur Barényi kommt bald ins Spiel, bereits in den Zwanziger Jahren befasste er sich mit erstaunlich modernen Projekten, die ihrer Zeit weit voraus waren. Der Autor konnte natürlich auf das Daimler-Benz-Archiv zurückgreifen, in das 1990 das private Archiv Barényis übergeben wurde. Für den historisch interessierten Leser ist das natürlich der spannendste Teil des Buches. Die unzähligen Erfindungen des Ingenieurs fesseln den Leser, neben bekannteren Entwicklungen wie dem Pagodendach des 230 SL findet man im Buch auch den „großen Reisewagen“, einen Vorgriff auf die Motorhomes unserer Zeit oder den K-55, ein Projekt für das ideale Alltagsauto, dass in seiner extremen Auslegung nie produziert wurde, aber ungezählte Ideen lieferte. Paul Bracq lieferte dafür dann die Entwürfe, dankenswerterweise sind einige seiner Zeichnungen im Buch reproduziert. Wie es schon im Titel des vorliegenden Werkes heisst, kommen auch die Nachfolger Barényis nicht zu kurz. Für den fahrzeugtechnisch interessierten Leser, der auch den neuesten, immer komplexer werdenden Stand der Sicherheitstechnik kennenlernen will, bietet Niemanns Buch anschauliche Einblicke. Sicherlich nicht ganz zufällig endet die Geschichte vorerst mit der Eröffnung des neuen Technologiezentrums für Fahrzeugsicherheit in Sindelfingen, dessen Leiter, Dr. Rodolfo Schöneburg auch das Vorwort verfasst hat. Im Anhang findet man noch ein kleines Begriffslexikon, einen Lebenslauf Barényis, seine Projekte und Veröffentlichungen sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis.

Der Band ist gut produziert, Layouter, Drucker und Lektorat haben sauber gearbeitet. Es besteht die Annahme, dass Mercedes Benz die Produktion unterstützt hat, dadurch könnte manchmal der Gedanke entstehen, dass ausschließlich die Stuttgarter die Fahrzeugsicherheit erfunden haben. Aber der Untertitel des Buches sagt ja „Sicherheitstechnik made by Mercedes Benz“, also muss man das akzeptieren. Auf jeden Fall bekommt der Leser einen interessant geschriebenen Einblick in die Sicherheitsforschung, ein Thema, dass bisher noch nicht so stark besetzt ist. Und für Fans der Marke mit dem Stern ist es eigentlich ein Must Have!

„Béla Barényi und seine Erben - Sicherheitstechnik made By Mercedes Benz“ von Harry Niemann ist beim Motorbuch Verlag erschienen, ISBN 978-3-613-03870-7, 240 Seiten, 250 Bilder und Zeichnungen, Preis 39,90 €

Rezension: Rudi Seidel

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