Sonntag, 6. November 2016

"Der Bergkönig - Sepp Greger - Eine Rennfahrerlegende" von Maria Weininger im Wartberg Verlag

Den Namen Sepp Greger verbindet der Autofan speziell in Oberbayern, aber auch weit über die Grenzen hinaus mit Erfolgen bei Bergrennen bis ins hohe Alter, einem lange Jahre erfolgreichen Unternehmen der Automobilbranche und der Organisation lokaler Rennen wie z.B. in Neubiberg sowie der Greger Racing Show, die ab 1972 die Motorsportbegeisterten in die Münchner Olympiahalle trieb. Schön, dass der für regionale Veröffentlichungen bekannte Wartberg Verlag zusammen mit der in Oberbayern lebenden Autorin Maria Weinberger aus den Erinnerungen dieses Mannes eine Biographie gestaltet und veröffentlicht hat. Dank gilt vor allem auch Traudl, der Witwe Gregers, die die Aufzeichnungen ihres Ehemannes verwahrt und neben unzähligen Fotos zur Verfügung gestellt hat. So konnte ein wichtiges Stück Renngeschichte dokumentiert werden.

Josef Greger kam am 4. Februar 1915 als einer von drei unehelichen Söhnen einer Schreinerstochter zur Welt und wuchs unter ärmlichen Verhältnissen auf. Bereits mit zwölf Jahren musste er als Stallbursche arbeiten. Nach dem Umzug nach München konnte er eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker absolvieren, erste Gehversuche bei Motorradrennen starten und bekam eine Anstellung bei Kaspar Haberl, dem späteren Gründer der MAHAG, lange Jahre einer der erfolgreichsten VW- und Porsche-Händler in Oberbayern. Nach der schlimmen Kriegszeit bekam Greger 1949 die Chance zur Selbständigkeit durch eine eigene VW-Vertretung zuerst in München, dann in Dachau. Bald machte sich der Rennbazillus wieder auf und mit einem VW Käfer wurden Zuverlässigkeitsfahrten bestritten, aber schon 1953 ging es mit einem Porsche 356 zur Rallye Monte Carlo, wo im folgenden Jahr sogar ein Klassensieg herausgefahren wurde. Von der Mille Miglia bis zum Eisrennen war Sepp Greger überall dabei und oft auch erfolgreich. Seine wahre Bestimmung fand er dann in den 60er Jahren bei den damals international angesehenen Bergrennen. Mit dem Porsche 356 Carrera, dem 718 Spyder, einem geliehenen 904, diversen 911ern, einem Carrera 6 sowie dem geliebten Porsche 910 war der Sepp überall vorne dabei. Der 910 wurde 1975 noch mit einer Brixner-Karosserie zum zweisitzigen Rennwagen, mit dem Greger bis ins hohe Rennfahreralter der jungen Garde oft den Auspuff zeigte. Seine letzten Einsätze fuhr er mit einem stark modifizierten 911 S/RSR, im Alter von 74 Jahren belegte er 1989 beim Bergrennen von Les Rangiers den zweiten Platz. Dieser 11er war übrigens ursprünglich ein Rallyewerkswagen für die Monte 1971.

Die Zeiten hatten sich geändert, sportlich gesehen wurde die Austragung der Bergrennen aus Sicherheits- und Umweltschutzbedenken immer schwieriger, geschäftlich gerieten die Autohändler immer stärker unter das Diktat der Konzerne, wie eine Anekdote von 1980 zeigt: Als ein Vertriebsbeauftragter dem Greger Sepp erklären wollte, was man von ihm als Porsche-Partner in Zukunft erwarte, kam unter Bezug auf das an der Fassade montierte Markenwappen die Antwort: „So, dann schraub dei Schuidl glei oba und nimm's mit“. Konsequenterweise beendete der Dachauer im gleichen Jahr seine Händleraktivitäten.

Zu erwähnen ist sicherlich noch die Greger Racing Show. Nach dem Vorbild der Jochen Rindt Show war man der Meinung, dass auch in München eine Rennwagenausstellung mit allen möglichen Attraktionen Erfolg haben müsste, und lange Jahre bestätigten sich die Einschätzungen, die Show war ein Publikumsmagnet.

Wir sind von dieser Biographie sehr angetan. Maria Weidinger gelingt es, lebhaft und im zeitlichen Kontext die berufliche und sportliche Karriere Sepp Gregers zu erzählen, Anekdoten aus Erzählungen vieler Zeitzeugen einfließen zu lassen und ein Bild dieses humorvollen Urbayern zu zeichnen. Natürlich schmückten sich auch Politiker wie Franz Josef Strauß oder der Münchner OB Georg Kronawitter gerne mit dem beliebten Mann aus Dachau und die großen Rennfahrer waren seine Freunde, was sicherlich an seiner offenen, ehrlichen Art lag. Und die Bilddokumente, die für dieses Werk zur Verfügung standen, sind einfach grandios. Kurios zum Beispiel ein Foto vom Training zur Jugoslawischen Alpenfahrt 1955, als Gregers 356 mit dem entgegenkommenden und die Kurve schneidenden Österreicher Wolfgang Denzel kollidierte, der auf seiner Eigenkonstruktion unterwegs war. Gottseidank nur Blechschaden . . .

Sehr positiv fällt uns noch auf, dass, soweit möglich, der lange Weg so manchen Rennwagens im Besitz Sepp Gregers nachgezeichnet wurde. Sein 910 war ursprünglich das Le-Mans-Werksauto von Stommelen/Neerpasch 1967, zwei Jahre später landete der Porsche in Dachau. Der 904, mit dem Greger 1964/65 zeitweise unterwegs war, gehörte einem Kunden, dem Besitzer einer angesagten Münchner Bar. Kommentar des Rennfahrers: „Der geht net gscheit, weil der Mayr im Straßenverkehr zuviel rumstopselt!“, um auf die Angeberrunden auf Münchens Boulevard Leopold hinzuweisen.

Ein paar Kleinigkeiten zeigen, dass die Autorin nicht ganz sattelfest beim Thema Rennsport ist: z.B. schreibt der Österreicher Denzel, Konstrukteur des gleichnamigen Sportwagens sich nicht "Denzl", Otto Mathés Eigenbaurennwagen heisst "Fetzenflieger", nicht "Fetzenflitzer", aber das tut dieser schönen Biographie keinen wirklichen Abbruch, wäre aber sicherlich durch das Nachlesen eines Spezialisten vermeidbar gewesen. Der Rezensent konnte das Buch jedenfalls nicht aus der Hand legen, bis er auf der letzten Seite angekommen war. Schön, dass auch noch eine Auflistung der Rennteilnahmen und Erfolge enthalten ist, etwas Statistik freut den historisch interessierten Leser. Und 29,90 Euro sind für dieses graphisch klar gestaltete und in Bildwiedergabe und Druck einwandfreie Werk wenig Geld.

"Der Bergkönig - Sepp Greger - Eine Rennfahrerlegende" von Maria Weininger ist im Wartberg Verlag erschienen, 200 Seiten, 250 Farb- und sw-Fotos, ISBN 978-3-8313-2304-3, Preis 29,90 Euro

Besprechung: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.