Freitag, 15. Mai 2015

Dreimal Sieger in Le Mans - „Porsche 936“ von Barth/Dobronz im Motorbuch Verlag

Wenn jemand dazu prädestiniert ist, ein Buch über den Porsche 936 zu verfassen, dann Jürgen Barth, ein Porsche-Urgestein und Le Mans-Sieger 1977 auf eben diesem Fahrzeugtyp. Von den bisher erschienenen Werken über Porsche 904, Carrera 6 und 935 wurden wir sehr verwöhnt, ob das neueste Buch die hohen Erwartungen erfüllt, haben wir überprüft.

Wie füllt man 368 Seiten eines Buches, in dem es eigentlich um nur 5 gebaute Autos geht? Einerseits mit Akribie, andererseits durch sinnvolle Erweiterung des Themas. So haben die Autoren entschieden, die Geschichte des 908/3 zu integrieren, diese ab 1970 gebauten Kompaktrenner wurden lange Zeit parallel zu den für die Gruppe 6 neu entwickelten 936 eingesetzt und bekamen einige der technischen Weiterentwicklungen mit. Anfangs darf natürlich der Exkurs in den Beginn der Porsche-Renngeschichte nicht fehlen, für historisch bewanderte Leser bringt das allerdings nichts Neues. Interessant wurde es 1975, als die Vorbereitungen für die neuen Gruppen 5 und 6 starteten. Die Markenweltmeisterschaft sollte den Gruppe-5-Rennern vorbehalten sein, man wollte mit dieser Silhouette-Formel zumindest optisch wieder mehr Bezug zu den Straßenautos schaffen. Porsche hatte schon mit den Prototypen auf Carrera-Basis seine Hausaufgaben gemacht, um konkurrenzfähig zu sein, leider waren die anderen Hersteller sehr zurückhaltend, was seitens der FIA zum Ausloben einer Sportwagen-WM führte. Konfrontiert mit dieser Situation beschloss man bei Porsche, vor allem durch Dr. Fuhrmann forciert, auf die Schnelle einen Gruppe 6-Sportwagen zu konstruieren, mit dem man auch bei den 24 Stunden von Le Mans siegfähig war. Die Saison 1975 gehörte aber noch den 908/3, die sich auch als Turbo in der Hand von Reinhold Joests Team und dem Team Martini Racing achtbar schlugen. Der erste Teil des Werkes ist also chronologisch aufgebaut, von der Pre-936-Saison 1975 bis zum dritten Le-Mans-Sieg 1981 sind alle Entwicklungen, Rennteilnahmen und auch Testfahrten genauestens dokumentiert und mit interessantem Fotomaterial angereichert. Vor allem die Berichte über die 24-Stunden-Rennen von Le Mans lesen sich aus Sicht der Porsche-Leute teilweise spannend wie ein Krimi, Porsche errang ja 1976 einen eher unerwarteten Sieg in der Sarthe, den man im Folgejahr mit extrem viel Glück mit einem praktisch defekten Auto wiederholen konnte. dann klappte es nicht mehr so recht, 1978 musste man sich den starken Alpine-Renault Turbo beugen, 1979 scheiterte man ohne echte Konkurrenz an eigenen technischen Mängeln. Immerhin holte der Kremer-935 den Sieg. 1980 gab es nur einen Semi-Werkseinsatz des Joest-Teams, der mit dem zweiten Platz durch den Teamchef zusammen mit Jacky Ickx durchaus erfolgreich verlief. Und 1981 war es dem neuen Vorstand Peter Schutz zu verdanken, dass man es noch einmal mit dem 936 versuchte und gewann. Die LM-Einsätze spielten natürlich die Hauptrolle in der Geschichte des 936, aber auch alle anderen Einsätze sind selbstverständlich ebenfalls dokumentiert.

Anschließend werden die Konstruktionen der Tuner präsentiert: Kremer baute selbst einen 936 nach Werksplänen zum Einsatz in der DRM, der Mangel an geeigneten Rennautos für die Gruppe C ab 1982 führte zu zwei Eigenentwicklungen auf 936-Basis: Dem CK5 bei Kremer und dem 936C bei Joest. Ebenfalls dokumentiert sind die Einsätze bei der Marken-Weltmeisterschaft 1979–1981, der World Endurance-Championship ab 1982 und der Deutschen Rennsport-Meisterschaft 1982.

Die wichtigsten Köpfe hinter der Geschichte des 936 werden in kurzen Porträts vorgestellt, sowohl Vorstände, Konstrukteure, Techniker, als auch die Fahrer. Eine Tabelle mit den Rennteilnahmen und Erfolgen darf natürlich nicht fehlen.

Für Historiker und Fahrgestellnummernforscher folgt dann sicherlich der interessanteste Teil: Die Historie aller Fahrzeuge wurde, so weit möglich, akribisch recherchiert. Wie gesagt, sind auch die 6 gebauten 908/3 enthalten, dann die lediglich drei Werks-936, von denen kurioserweise jeder genau einmal in Le Mans gewinnen konnte. Und auch in diesem Teil werden die Kremer CK5 und der Joest 936 C nicht vergessen. Das Bildmaterial ist hochinteressant, und der weitere Verbleib dieser Autos ist bis 2015 dokumentiert. Eine echte Fleissaufgabe, der sich die Autoren gestellt haben.

Ist damit alles gut? Leider nein, der wirklich tollen inhaltlichen Qualität kann die Produktion des Buches nicht das Wasser reichen. Dass das Layout bei diesen Porsche-Typenbüchern hinter dem Inhalt ansteht, finden wir ok, Effektheischerei war diesen Werken schon immer fremd, die verdichtete Information zählt. Aber dass das Lektorat scheinbar überhaupt nicht vorhanden war, dürfte in einem Buch dieser Preisklasse nicht passieren. Die Autoren sind daran sicherlich nicht schuld, aber manche Formulierungen hätte man eleganter und mit weniger Wiederholungen hinbekommen können. Noch schlimmer sind allerdings die Unmengen an Satzfehlern, die den Lesespaß entscheidend trüben. Vor allem Eigennamen werden ständig falsch geschrieben, kurioserweise aber nicht durchgehend gleich. Beispiele wären Brain statt Brian Redman, Hurlay statt Hurley Haywood usw. Aber dass sogar die Namen von Porsche-Größen nicht richtig im Buch stehen, ist unglaublich. Beispiele gefällig? Manfred Jankte statt Jantke, Hans Metzger statt Mezger, Huschke von Hahnstein statt Hanstein . . .

Bleibt zu hoffen, dass es irgendwann eine zweite, überarbeitete Auflage gibt, bei diesem doch sehr speziellen Thema und dem hohen Preis bin ich allerdings nicht zu optimistisch. Wer die Dokumentation über diesen erfolgreichen Porsche-Rennsportwagen in seine Bibliothek stellen will, muss wohl leider mit den Fehlern leben

„Porsche 936“ von Jürgen Barth/Bernd Dobronz ist im Motorbuch Verlag erschienen, ISBN 978-3-613-03756-4, 368 Seiten, 307 s/w- und 189 Farbbilder, Preis 98,-€.

Besprechung: Rudi Seidel

unsere fachhandelspartner:

Falls Sie Interesse an unserem Partnerprogramm haben freuen wir uns über eine Nachricht an info@auto-und-modell.de.