Donnerstag, 16. April 2015

Absolut filmreife Story - McNamara Racing 1968-1971 von Peter Schroeder im View Verlag

McNamara, wem sagt das heute noch etwas? Älteren Lesern fällt vielleicht Robert McNamara ein, früherer Ford-Direktor und amerikanischer Verteidigungsminister, aber nur Kenner der Rennsportszene der 60er Jahre wissen um eine Verbindung nach Oberbayern, genauer nach Lenggries, wo Francis McNamara, genannt Mac, ein vielleicht etwas verrückter amerikanischer Ex-GI, 1968 die motorsportliche Welt aus den Fugen heben wollte, unterstützt durch seine aus wohlhabender Familie stammenden Frau Bonnie und einige rennbegeisterte Menschen.

Der Autor dieses Werks, Peter Schroeder, geboren 1950 in Wesel am Niederrhein, im Hauptberuf Chirurg, hat von 1982 bis heute als Arzt Motorsportveranstaltungen von internationalen Rallyes bis zur Formel 1 begleitet. Zu dieser Thematik hat er einige Artikel verfasst und Vorträge gehalten. Als Schüler in den Ferien häufig am Tegernsee, brachte ihn die berufliche Laufbahn wieder in das Tegernseer Tal. Der Rezensent bekam als erstes Werk des Autors ein Buch über das Wallbergrennen zu lesen, aufgrund des Lokalkolorits, aber auch von der Qualität sehr interessant. Und der Wallberg brachte auch Peter Schroeder zum Theme McNamara. Wie er selbst im Vorwort schreibt,begegnete er bei seinen Recherchen den Besitzer eines McNamara Formel V, und damit nahm die Geschichte ihren Lauf. Er lernte immer mehr Weggefährten und Beteiligte kennen, letztlich bekam er sogar Kontakt zu Francis McNamara, der ihm bereitwillig Details aus seinem Leben und der Story von McNamara Racing schilderte, und auf diesem Weg wurde das Buch zu einer höchst lebendigen Geschichte, die schon ein Drehbuch abgeben würde. Irre Typen, eine tolle, reiche Frau, oberbayrische Alpen, Verbindungen zu schillernden Persönlichkeiten in den USA, Erfolge und grandioses Scheitern, ein nie ganz geklärter Todesfall und ein verschwundener Hauptdarsteller, vielleicht wäre das ein Stoff für den derzeit angesagten Filmemacher Marcus H. Rosenmüller?

Kurz die Geschichte: Francis McNamara, als Soldat bei den berühmten Green Berets in Vietnam eingesetzt, kommt nach Deutschland, lernt dort die überaus attraktive und aus reicher Familie stammende, als Zirkusartistin arbeitende Bonnie Kiplinger kennen. Man bleibt in Deutschland, heiratet dort und bleibt in Bad Tölz, wo Mac stationiert ist. Die Rennleidenschaft führt ihn zu Toni Fischhaber, dem er einen alten Apal Formel V abkauft, um damit an den Start zu gehen. Dann ging es recht schnell. man baute die ersten eigenen Formel V. Peter Arundell (ex Lotus) stieß zur Truppe, man begab sich in die Höhle des Löwen nach Daytona und Sebring, wo man die Autos gleich verkaufen konnte, zwischendurch erwarb Mac noch einen ex-Penske-Camaro, der unter anderem von Dr. Helmut Marko bewegt wurde. Dann kam Jo Karasek, ein österreichischer Konstrukteur von Lola, zum Team. Lustigerweise lernte der Rezensent ihn Jahre später bei der Spielwarenmesse in Nürnberg kennen, er suchte ruhigeres Fahrwasser und konstruierte Modelleisenbahnen bei Liliput, einer damals führenden österreichischen Marke. McNamara baute Formel V, Formel Ford und Formel 3-Chassis, aber das sollte nicht reichen. Karasek kam duch frühere Verbindungen in Kontakt mit dem Granatelli-Clan, den Besitzern von STP. Daraus entstand der Auftrag, ein Fahrzeug für die 500 Meilen von Indianapolis zu entwickeln, mit dem Mario Andretti um den Sieg mitfahren sollte. Das misslang 1970 und auch im Folgejahr, in der Zeit vernachlässigte man die Produktion der kleinen Formelwagen, die sicherlich ein gutes Geschäft gewesen wären. Mit den Granatellis kam es zu Streitigkeiten über die Bezahlung, dazu kamen Beziehungsprobleme zwischen Mac und Bonnie sowie unterschiedliche Zukunftsplanungen. Und dann war sie plötzlich tot und er verschwunden. So endete eine schillernde Gesichte leider traurig.

Peter Schroeder hat das sehr lebhaft nacherzählt, die vielen Dialoge wirken fast drehbuchartig, ob sie so stattgefunden haben oder auch etwas Fiktion dabei ist, egal. Manchmal geht es auch in der Abfolge wirr zu, man findet den einen oder anderen Flüchtigkeitsfehler, der Autor schreibt ja selbst, dass er Michael Thier, den Verleger, manchmal an die Grenzen der Belastbarkeit gebracht hat. Entstanden ist dabei ein absolut lesenswertes, mit einer Unmenge an Fotos und Originaldokumenten angereichertes Werk, das man nicht mehr aus der Hand legt, wenn man sich hineinvertieft hat. Vier Tabellenseiten mit Rennteilnahmen sind erfreulich für den Statistiker, das Layout ist modern, aber nicht effektheischend, lediglich die manchmal senkrecht platzierten Bildtexte sind nicht jedermanns Sache. Druck und Bildwiedergabe sind perfekt. Auch ich habe mich vorher gefragt, wie man 180 Seiten über vier Jahre Renngeschichte sinnvoll füllen kann, aber dieses Buch zeigt, wie man es machen kann. Ein großes Lob auch an den Verlag, der es wagt, solch ein Randthema zu publizieren.

„McNamara Racing - Der Weg von Lenggries nach Indianapolis“ von Peter Schroeder ist im View Verlag erschienen, ca. 250 Bilder, 176 Seiten, ISBN 978-3-945397-02-2, und kostet schlanke € 39,–

Rezension: Rudi Seidel

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