
Montag, 29. Dezember 2014
Immer mit Hut: "Hans Heyer - Rennsport am Limit", eine Biographie von Behrndt/Kräling/Mahla im Sportfahrer-Verlag
Hans Heyer war sicherlich nicht nur wegen seines unverzichtbaren Tirolerhuts eine der markantesten Figuren im Rennsport der 70er und 80er Jahre. Seine Vielseitigkeit bewiesen Erfolge im Kart, im Tourenwagen, GT und Sportwagen. Im LKW gewann er die Paris-Dakkar und einmal drehte er sogar einige Runden in der Formel 1. Das Autorenteam Michael Behrndt und Uwe Mahla konnte auf zahlreiche eigene Notizen Heyers zugreifen, Gespräche mit Zeitzeugen führen und viele unveröffentlichte Fotos Ferdi Krälings und aus dem Privatarchiv des Rennfahrers verwenden, also beste Voraussetzungen für eine authentische Biographie. Wir haben das Buch gelesen und, soviel sei gleich gesagt, großen Spaß dabei gehabt.
Nach Vorworten von Heyer und Erich Zakowski, dem langjährigen Teamchef geht es gleich in die Früh- und Familiengeschichte, spannende Episoden wie der BMW 700 mit Porsche-Motor oder der Eigenbaurenner LBS 3, der 1971 auf dem Nürburgring auseinanderbrach, ob es davon noch mehr Fotos gab? Es folgte die überaus erfolgreiche Kart-Zeit, ab dann wird die Karriere nicht strikt chronologisch erzählt, sondern auf Marken bzw. Rennserien bezogen, ich meine, eine gute Idee. Die BMW-Zeit begann beim Tuner Koepchen, Heyer fuhr aber auch für Schnitzer, Alpina und GS (Gerhard Schneider), damit hatte er die wichtigsten Teams durch, schließlich kam noch die Zeit bei Bastos/Juma mit dem Erfolg bei den 24 h Spa 1983. Denkwürdig blieb die Zeit bei AMG, die Auftritte mit dem 300 SEL 6,3 waren grandios, später gab es noch den 450 SLC 5.0, mit dem man in der LM-Quali scheiterte und das Project McLaren M8F mit AMG-Triebwerk für die Interserie, aus dem Heyer dann einen Silhouette-Renner mit der Form des 450 SLC entwickeln ließ. Das Projekt wurde aber nie fertig, Mercedes war wohl nicht einverstanden. Auch bei den besten Porsche-Teams griff Hans Heyer ins Volant: Loos, Kremer und Joest stehen auf der Liste. Mit die größte Rolle spielte sicherlich die Ford-Zeit, mit Escort und Capri in den verschiedenen Aufbaustufen feierte der Wegberger große Erfolge, wurde aber letztlich zugunsten von Klaus Ludwig ausgebootet. Das führte ihn dann direkt zu Lancia, sein DRM-Meistertitel mit dem Beta Montecarlo war eine Riesenüberraschung.
Der einzige Formel 1-Einsatz 1977 war allerdings eher ein Flop, mit dem lahmen ATS konnte Heyer sich nicht qualifizieren und war nur Ersatzfahrer. Durch einige Verwirrung in der Boxengasse konnte Hans losfahren, bekam keine schwarze Flagge gezeigt, und fuhr bis zum Bruch der Schalthebelbefestigung 20 Minuten mit. Das war's dann mit der Formel 1. Dafür wurde „Major“ Tom Walkinshaw 1984 auf Hans Heyer aufmerksam, dort konnte er zuerst Tourenwagen-EM mit dem schönen XJ-S fahren, dann kamen noch die Gruppe-C-Boliden. Die ernsthafte Rennkarriere war damit zu Ende, etwas R5 Turbo-Cup, die Paris-Dakkar mit dem LKW, die Entwicklungshilfe beim RAS-Toyota-Supra und zwei Jahre als Rennleiter beim AMG-DTM-Team machten den Abschied leichter, jetzt hilft Hans seinem Sohn Kenneth bei dessen Karriere im Rennauto.
Alle diese Karriereschritte werden vom Autorenteam mit Zitaten aus Heyers Aufschrieben unterlegt und damit sehr lebendig geschildert. Ein Buch, dass man nicht so leicht zur Seite legt, das den Leser fesselt. Zwischendurch kommen kurz eingeschoben Betrachtungen von Freunden, Konkurrenten, Teamchefs, Heyers Beziehungen zum Fußballclub Borussia Mönchengladbach, am Ende freuen wir uns über einen ausführlichen Statistikteil. Die Fotos in s/w und Farbe sind größtenteils von hoher Qualität, gut reproduziert und oft bisher unveröffentlicht. Druck und Layout sind völlig in Ordnung und der Text bis auf wenige kleine Unachtsamkeiten gut redigiert und korrigiert (Man beachte ausgerechnet unter dem Vorwort den falsch geschriebenen Namen „Zakoswki“ des Verfassers, da haben sicher viele Leute drübergelesen).
Mir persönlich gefallen Typen wie Hans Heyer, die unabhängig sind und unbequem sein können, so gesehen passt er in die Tradition der früheren „Herrenfahrer“, die nicht von ihrem Sport finanziell abhängig waren. Und seine Vielseitigkeit ist bewundernswert. Die Autoren haben ihm mit diesem Buch die passende Referenz erwiesen, das Werk schmückt jede Rennsportbibliothek.
Autoren: Michael Behrndt, Ferdi Kräling, Uwe Mahla, Format: 240 x 300 mm, ISBN: 978-3-945390-02-3, 290 Seiten und rund 450 Farb- und s/w-Fotos. Preis: 49 Euro
Rezension: Rudi Seidel