
Montag, 21. April 2014
Nostalgie pur: "Meine Wiking-Autos" von Ulrich Biene bei Delius Klasing
Auch wenn wir hier in erster Linie über die Sammlermaßstäbe 1:43 und 1:18 berichten, hat wohl jeder Leser schon einmal mit Wiking-Autos zu tun gehabt, z. B. auf der Modelleisenbahn oder als Sammelgebiet. Der Verfasser dieser Zeilen hatte in den 60er Jahren ziemlich alle Modelle aus Berlin, später wurden sie dann (billig) verkauft, um damit den beginnenden Zinngußbausatzmarkt aus England zu unterstützen, die Telefonate mit den Gebrüdern Lang in Aachen oder mit Bernd Schultz in Walldorf waren legendär.
Nimmt man nun das neueste Werk des Wiking- und Siku-Spezialisten in die Hand, kommen die Kindheitserinnerungen unweigerlich wieder. Was hier an Geschichte und Geschichtchen zusammengesammelt wurde, ist einfach phänomenal! Dazu die Menge an zeitgenössischen Fotos aus der Produktion und vom Arbeiten und Leben in der Wiking-Familie, ungezählte Originaldokumente wie z. B. Prospekte aus Schweden und Italien, Seiten aus den Weihnachtskatalogen großer Spielzeughändler, Ausstellerkarten zur Spielwarenmesse, selbst die Speisekarte des Bratwurströsleins von 1958, das ist schon ein Bild der Nachkriegs- und beginnenden Wirtschaftswunderzeit, das der Autor zeichnet. Die Entwicklung des Messestandes in Nürnberg ist dafür ein treffendes Beispiel.
Verschiedene Kapitel machen das Buch zum kurzweiligen Lesespaß, so bespricht Ulrich Biene auch Plagiate von Wiking-Modellen, kurioserweise haben die Berliner selbst einmal geklaut, der Erdbeweger hat seinen Ursprung bei einer amerikanischen Spielzeugmarke. Natürlich werden die 1:40-Modelle, die Wiking für VW produziert hat, nicht vergessen, und als Spezialität wird noch die Geschichte der Novapax-Isabella im gleichen Maßstab enthüllt. Ein Folder von VW, der zeigt, wie in den 60ern eine Vertretung auszusehen hat, ist mit den Wiking-Großmodellen illustriert und in Teilen im Buch abgebildet. Sehr schön auch die Präsentation alter Holzprototypen, die es nicht zur Serienreife geschafft haben. Der Fiat 600 hätte es damals schon verdient gehabt, scheiterte aber am Veto des Patriarchen Friedrich Peltzer. Verglichen mit dem heute aktuellen Wiking-Modell steht der Prototyp glänzend da! Auch den Werbemodellen und ihrem Reiz gehören einige Seiten, aber mit das Tollste in diesem Buch sind die Dioramen aus verschiedenen Epochen, mit Massen von Raritäten, die sich in den Straßen finden. Man kommt von diesen Aufnahmen nur schwer los und sucht immer weiter nach Details.
Wir wollen jetzt hier nicht zuviel verraten, möchten aber noch die Druck-, Bildwiedergabe- und Textqualität loben, freuen uns über das schöne, luftige und übersichtliche Layout, das zweckmässige Querformat und über den Delius Klasing Verlag, dass er ein so reizvolles Buch für 29,90 Euro auf den Markt bringt.
„Meine Wiking-Autos“ von Ulrich Biene ist wie gesagt im Delius Klasing Verlag erschienen, hat 168 Seiten, enthält 493 farbige und 144 s/w-Abbildungen, ISBN 978-3-7688-3719-4, Preis 29,90 €.
Rezension: Rudi Seidel