
Montag, 6. August 2012
Kindheitserinnerungen für alle Generationen - Die SIKU-Story von Ulrich Biene
„Lebendige Autoträume aus Kindertagen“ lautet der Untertitel dieser Neuerscheinung des Delius Klasing Verlags, und damit ist sicherlich ein Großteil der Produkte der Sieper Werke aus Lüdenscheid beschrieben. Ich denke, dass jeder Junge irgendwann einmal ein Siku-Auto geschenkt bekam, oder zumindest bei Freunden damit spielen durfte. Zuerst gab es die Plastikmodelle in 1:60 in einer ungeahnten Vielfalt, später kam eine Diecast-Serie im gleichen Maßstab dazu, die langsam die recht filigranen Kunststoffautos ablöste. Der Maßstab wurde 1975 auf 1:55 und später noch auf 1:50 geändert. Mit Landwirtschaft (auch in 1:32), HO und anderen Großmodellen, teilweise ferngesteuert, wurde das Portfolio erweitert, so dass noch heute die Kinder bzw. Enkel der damaligen jungen Sammler auf Siku vertrauen können.
Der Autor hat sich ganz tief ins Firmenarchiv eingearbeitet, kurz wird der Werdegang der Gründerfamilie Sieper beschrieben, und dann zeigt Ulrich Biene, was Siku direkt nach der Kriegszeit auf den Markt brachte: Likörgläser, Heftmaschinen, den Turbo-Universal-Becher zum Sahneschlagen, Becher, PEZ-Pfefferminz-Spender, Knöpfe. Von den ersten Plastikspielzeugen über Schneekugeln kam man 1951 zur großen Feuerwehr, mit der man sogar Wasser spritzen konnte. Andere Kunststoffmodelle, ja sogar Bausätze und ein mir bisher unbekannter 25 cm langer Porsche 356 folgten, Anstecknadeln und die in den 50ern populären Kaffee- und Margarinefiguren, sogar Christbaumschmuck wurde von Siku produziert. Man kommt beim Blättern wirklich nicht aus dem Staunen heraus.
1954 beginnt dann die Serie der Verkehrsmodelle, die sich vor allem durch ihre grandiose Vielfalt und das liebevolle Zubehör auszeichnet. Auch hier gelingt es Biene, durch Originaldokumente, Werksfotos und Bilder von Dioramen die SIKU-Welt aufleben zu lassen. Die Bedeutung der Modelle bei Fahrschulen bekommt ein eigenes Kapitel und auch die vielleicht weniger bekannte Flugzeugserie in 1:250 erhält genügend Raum. Weiter geht es mit den Diecast-Miniaturen, einem Vergleich der Drehleitern über die Jahre, einem Interview mit zwei Handelsvertretern , die die Produkte dem Fachhandel schmackhaft machten. Verschiedene Stände auf der Spielwarenmesse Nürnberg werden gezeigt, schon lustig, wie das vor 60 Jahren aussah! Mit Farmer, Control und 1:87 führt uns der Autor in die Jetztzeit, auch wenn das nicht mein Interessengebiet ist, sieht man die hochwertige Vorbildtreue dieser Modelle. Übrigens gab es sogar einmal zwei 1:43-Modelle, ein VW Käfer Cabrio 1303 und ein Mercedes S 600 wurden 1992 präsentiert, aber die Serie wurde nicht weiterverfolgt, die Qualität war auch nicht überragend.
Meine Begeisterung über dieses Buch ist wohl zu spüren, aber als 55er Jahrgang gehörte Siku wirklich zu meiner Kindheit, und speziell die 1:60-Modelle bewundere ich immer wieder, leider sind sie in einwandfreiem Zustand (was selten genug vorkommt) in sehr hohe Preisregionen entschwunden. Ulrich Biene wollte sicherlich keinen Katalog aller Siku-Modelle schaffen, dieses Buch dient der Darstellung der spannenden Siku-Historie, ist sehr lesenswert geschrieben, und die Fotos sowie die vielen Originaldokumente laden auch nur zum Blättern und Träumen ein, verbunden mit etwas Trauer, wieviele der empfindlichen Plastikmodelle unter unseren Kinderhänden verschrottet wurden.
„Die SIKU-Story“ von Ulrich Biene ist beim Delius Klasing Verlag erschienen, 192 Seiten, 300 farbige Abbildungen, Format 25,7 x 31,5 cm, gebunden, ISBN 978-3-7688-3491-9, und kostet für die exzellente Qualität in Bildwiedergabe, Druck und Layout wirklich günstige 29,90 Euro.
Besprechung: Rudi Seidel