Dienstag, 1. November 2022
Vom schlechtesten bis zum besten Auto der Welt - Autocult/Avenue43 im November
Jetzt geht es Schlag auf Schlag bei Autocult/Avenue 43, kaum sind die Oktoberneuheiten ausgeliefert, werden schon vier weitere interessante Modelle vorgestellt:
Bayer K67 Coupé 1967
Bereits 1963 befasste sich der Architekt und Designer Hans Gugelot mit der Konstruktion eines Autos, bei dem Karosserie und Chassis aus Kunststoff bestehen sollten. In Großbritannien hatten das schon Berkeley und Lotus mit dem Elite ohne großen Erfolg versucht. Die Bayer AG und BMW wurden mit ins Boot genommen, immerhin fünf Prototypen entstanden mit den Radaufhängungen und Triebwerken aus Bayern. Der Designer konnte leider das Ergebnis nicht mehr sehen, da er bereits 1965 einem Herzinfarkt erlag. Zwei Fahrzeuge existieren heute noch, eines als Schnittmodell im Deutschen Museum in München, das andere fahrbereit und zugelassen bei Covestro, der Nachfolgefirma von Bayer Kunststoffen. Vor allem die zu erwartenden Probleme und zu hohen Kosten bei einer Serienfertigung ließen das Projekt scheitern. Von Autocult kommt dankenswerterweise eine Miniatur dieses durchaus hübschen Sportwagens, für den BMW-Sammler eine nette Kollektionsergänzung.
Wendax WS 750 1950
Ähnlich wie der von Autocult bereits als Modell produzierte Staunau ist der Wendax WS 750 ein typisches Kind der frühen Nachkriegszeit. Die unselige Kombination aus technischer Unzulänglichkeit, mangelnder finanzieller Sicherheit und grenzenlosem Optimismus führte zu solchen Konstruktionen. Am Wendax gab es außer der für damals ganz gelungenen Form nichts Positives. Miese Qualität, fehlende Leistung und Kultur des Antriebs, zu hoher Preis und mangelhafte Garantieleistungen führten zur Unzufriedenheit der Kunden und letztlich zur Pleite des Unternehmens. Vor allem der renommierte Autojournalist Werner Oswald trug durch einen Artikel wesentlich zu dieser Szenerie bei. Lediglich der bereits vorher existierende Draisinenbau konnte gerettet werden, allerdings verlor der frühere Inhaber Adolf Alpers dabei seine Existenz. Ein sehr interessantes Auto zur Dokumentation des deutschen Automobilbaus nach dem 2. Weltkrieg und seiner Irrwege, die Zierleisten des Vorserienmodells lassen allerdings befürchten, dass man es sich zu leicht macht, wie sollen denn die Türen aufgehen, wenn die Leiste keine Trennspalten hat?
Rolls Royce Phantom II Continental Cabriolet Binder 1930
Auch „The Best Car in the World“ musste weiterentwickelt werden, so entstand 1929 aus dem Phantom I der Phantom II, der vor allem höhere Motorleistung und eine neue Hinterachsaufhängung aufwies. Für „sportlichere“ Kunden bot man den Continental mit verkürztem Radstand an, auf diesem Chassis entstanden vorwiegend elegante und leichtere Aufbauten, vielfach Cabrios wie das von Autocult gewählte Vorbild, das der französische Karossier Binder einkleidete. Laut den Informationen des letzten Verkäufers in Miami wurde dieser Phantom II auf dem Pariser Autosalon 1936 präsentiert, das Chassis war aber schon früheren Datums.
Renault Projet 114 1961
Der damalige Chef der Régie Renault, Pierre Dreyfus, wollte den Markt der Mittelklassefahrzeuge nicht kampflos abgeben, nachdem der erste Versuch, die Produktion der 1950 präsentierten Frégate mangels Erfolg 1960 eingestellt wurde. Als potentiellen Nachfolger schufen die Entwickler das Projet 114, eine konventionelle Stufenhecklimousine mit Vier- oder Sechszylindertriebwerken und Hinterradantrieb. Das war gar nicht im Sinne von Dreyfus, der auf dem Weg war, das Image der Marke umzukrempeln, unter anderem durch den Umstieg auf Frontantrieb und neue Raumkonzepte. Als die Kalkulation der Kosten auch noch unbefriedigend ausfiel, verschwand der 114 wieder in der Versenkung, schön, dass ein Prototyp in der Werkssammlung erhalten blieb. Mit dem 1965 präsentierten Renault 16 bekam Dreyfus schließlich, was er wollte, ein innovatives Mittelklassemodell im typisch französischen Stil, das aber auch in ganz Europa ankam.
Fotos: Autocult, Text: Rudi Seidel