Sonntag, 26. April 2020

Ein ganz besonderer Mercedes: SS Spezialcabriolet Erdmann & Rossi 1934 von Autopioneer

Als wir Thorsten Sabrautzky, den Geschäftsführer von Autopioneer, auf der Spielwarenmesse in Nürnberg trafen, brachte er neben dem wunderschönen Horch Woody, den wir in unserem Messeartikel präsentieren konnten, auch einen Prototypen des Mercedes Benz SS Spezialkabrioletts mit, der bereits sehr gut aussah, ein SS in solch extravaganter Farbgebung war uns bisher nicht bekannt. Jetzt ist das Modell lieferbar und sicherlich ein Höhepunkt für den Sammler der Autos mit dem Stern. Wie gewohnt, sind diese Modelle keine Schnäppchen, sondern für den solventen Liebhaber produziert, dafür sprechen die vollständig in Europa beheimatete Produktion, die Auflage von lediglich 50 Stück und der Preis von knapp 260,- Euro. Die Geschichte des Fahrzeugs übernehmen wir von Autopioneer in dem Wissen, dass gründliche Recherche zur Philosophie dieser kleinen, exklusiven Modellautomarke gehört:

Mit der Eröffnung im Jahr 1921 war die AVUS die erste Straße der Welt, auf der nur Fahrzeuge fahren durften. 1932 wurde die Kraftfahrstraße Köln-Bonn für den Verkehr freigegeben. Konkrete Planungen für weitere Autobahnen bestanden bereits, bevor die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergriffen. Mit einem Gesetz vom 27.06.1933 machte Hitler den geplanten Autobahnbau dann zur Aufgabe des Staates. Verantwortlich dafür war Willy Hof. Am 24.11.1933 bestellte er bei der Daimler-Benz AG ein Cabriolet mit Chassis des Typ SS mit 27/160/200 PS (Nr. 36345, Motoren-Nr. 72766). Dieses Chassis (bereits gefertigt 1931) wurde zur Karossierung an Erdmann & Rossi in Berlin weitergeleitet.

Erdmann & Rossi (1898 – 1949) war ein Berliner Karosseriebauunternehmen, das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem mit individuellen Luxusaufbauten bekannt wurde. Anleihen vom Flugzeugbau, fließende Linien, aerodynamische Gestaltung, extrem hohe Verarbeitungsqualität – Erdmann & Rossi waren seinerzeit der Zeit weit voraus. Die Individualkarosserien waren/sind einmalig und weltberühmt! Erstmalig gezeigt wurde dieses außergewöhnliche Cabriolet auf der Berliner Automobilausstellung 1934. Die Farbe war hellgrau. Das Heck mit den zwei Reservereifen war sehr ausdruckstark. Daher tauften die britischen und amerikanischen Besucher das Cabriolet ‘Pinguin‘. Der Stromlinienexperte Professor Emil August Everling war bei dem Entwurf des Spezialcabriolets maßgeblich beteiligt. 1934 reisten Hof und seine Fahrer nach Norditalien. Dort gab es zu dieser Zeit bereits autobahnähnliche Straßen. Diese galt es zu vermessen und zu testen! Das Ziel war es, von Italien zu lernen. Das Cabriolet war mit entsprechenden Messgeräten ausgerüstet. Es raste mit 200km/h über die Straße, um auch Erfahrungen mit Seitenwind zu gewinnen. Auf Grund der schlechten Straßenbeschaffenheit und der enormen Geschwindigkeit platzten häufig die Reifen. Zudem erlaubte die Vollverkleidung der Hinterräder keine Belüftung und somit Kühlung der Räder. Dies führte zusätzlich zur Überhitzung der Bremsen. Das größte Problem jedoch war die extrem hohe Geschwindigkeit! Die anderen Verkehrsteilnehmer waren nicht vorbereitet, dass ein Auto mit einem solchen Speed von hinten angerauscht kam. Es kam daher zu einigen Unfällen, die zum Glück recht glimpflich verliefen. Mehrfach wurde das Spezial-Cabriolet bei Erdmann & Rossi umgebaut. Zudem erhielt es die Warnfarbe Orange. In der letzten Umbaustufe wurden sogar weiße Streifen auf dem Wagen aufgebracht. Aus diesem Grunde tauften die deutschen Ingenieure dann den Wagen liebevoll ‚Der Papagei‘. Nach erfolgreicher Beendigung der Testfahrten in Italien unternahm Hof mit dem Cabriolet weitere Testfahrten in Deutschland. Er verunglückte mit dem SS-Spezialcabriolet auf der Reichsautobahn zwischen Frankfurt und Darmstadt. Es war dieselbe Strecke, auf der Bernd Rosemeyer 1938 tödlich verunglückte.

Die Geschichte des Mercedes und seiner Schöpfer mit Originalfotos wird ausführlich in dem hervorragenden Buch "Erdmann & Rossi - Nobelkarossen aus Berlin" (ISBN 978-3-938426-21-0) beschrieben. Das ist die einzige ausführliche Quelle, die den SS beschreibt. Selbst im Internet findet man kaum etwas über diesen unglaublichen Mercedes. Zum weiteren Hintergrund: Nach dem Tod von dem Autor Rupert Stuhlemmer hat die Familie das gesamte Archiv einzeln verkauft, d.h. alle Bilder sind in der ganzen Welt verstreut. Die Konsequenz ist, dass es ein solches Buch nie wieder geben wird. Erhätlich ist es ebenfalls bei Autopioneer oder beim Verlag Kraftakt für 69,90 Euro

Fotos: Autopioneer, Text: Rudi Seidel und Autopioneer

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