Samstag, 14. Juli 2012
Trauer um Georg Amtmann, Börsenveranstalter der ersten Stunde, Historiker, Sammler
Georg Amtmann wurde am 29. Februar 1952 in München geboren. Sein Berufsweg führte ihn nach dem Schulabschluss zum Süddeutschen Verlag, wo er eine Ausbildung zum Verlagskaufmann absolvierte.
Unsere gemeinsame Zeit begann 1974, als Georg auf Reinhard Colsmans Zeitungsanzeige in der SZ (keine Bekanntschaftsanzeige, sondern ein Gesuch/Gebot von Modellen und Literatur) antwortete. Schon beim ersten Treffen beeindruckten sein Fachwissen und seine offene Art, obwohl er ja im Vergleich zu Reinhard ein junges Bürscherl mit langen Haaren war. 1976 organisierte er seine erste Automobilia-Börse in einem Pasinger Pfarrheim, damals war nicht abzusehen, was daraus entstehen sollte. Im November des gleichen Jahres ein Zufallstreffen mit Rudi Seidel im Automuseum in Turin, eine wirklich schicksalhafte Begegnung, der über 35 Jahre enger Freundschaft folgten. Mit der Zeit bildete sich mit Robert Kubath, Hannes Pentenrieder und Alexander Rinser unser Stammtisch heraus, dessen Besonderheit auch durch die unterschiedlichen Spezialgebiete der Mitglieder von HO bis zu alten Prospekten, von Diecast bis Kits, von den 30ern bis in die Jetztzeit gegeben war.Die gemeinsamen Abende waren unerreicht, was Informationen, Gespräche, Spaß (ich denke an die Hochgeschwindigkeitseimersitze im Lotus-Elan-Prospekt oder an die Probefahrten mit den Schuco-Booten in der Badewanne), Ratschläge und oft auch kulinarische Genüsse betraf. Vor allem der herzliche, private Rahmen und der Blick auf die sehr unterschiedlichen Sammlungen blieben unvergessen. Günter Stamm und Raimund Thalmair bereicherten später unsere Treffen und waren ebenfalls gute Gastgeber.
Was war an Georg so besonders? Zum einen seine unvergleichlich kommunikative Art, jeden Menschen, der ihm interessant schien, ins Gespräch zu verwickeln . Meistens entstanden daraus interessante Unterhaltungen und auch langjährige Bekanntschaften. Ohne seinen Humor und seine Schlagfertigkeit wäre das nicht möglich gewesen.
Als wir letzten Freitag zusammensaßen, um seiner zu gedenken und diese Zeilen zu schreiben, fiel uns auf, dass es zwischen Georg und uns nie Streit gab, auch wenn wir nicht immer gleicher Meinung waren und oft lange Diskussionen geführt haben. Gerade unter Sammlern entstehen oft Probleme, wenn alle das gleiche wollen, aber Georg hatte immer eine vermittelnde Art und ließ auch andere an seinen Errungenschaften teilhaben, zum Beispiel die Spenden seinerseits aus einem großen Prospektkauf in Österreich, die Ehrenplätze in unseren Sammlungen fanden. Wir können uns nicht erinnern, dass er jemals jemanden über den Tisch gezogen hätte, er war immer fair zu allen.
Georg war immer der Macher, der Trendsetter. In der Sammler- und Altauto-Szene war er überall an vorderster Front dabei. Bei der Alt-Opel-IG, den Alt-Ford-Freunden half er entscheidend, auch bei anderen Vereinen und Verbänden wirkte er mit, auf seine Mitgliedschaft bei der Society of Automotive Historians und der Automobilhistorischen Gesellschaft war er stolz, und für den Automobil-Club München hat er in den letzten Jahren seine Liebe entdeckt. Der Besitz von Klassikern war allerdings nie sein großes Ziel, außer einem 56er Opel Kapitän in den späten 70ern und zuletzt seinem geliebten Alfa Spider bestimmten eher gängige Autos sein Leben. Sammlertreffen und Börsen im Raum München waren ohne ihn kaum möglich. Den ersten Gehversuchen in Pasing folgten schon größere Events im Vollmarhaus, und dann natürlich als Highlight die BMW-Börse, ein Ereignis von internationaler Reputation. Nicht nur die Autoren dieser Zeilen hatten vor Aufregung manchmal eine schlaflose Nacht. Heute in Zeiten von Internet und Ebay hat leider die Faszination solcher Veranstaltungen stark nachgelassen. Aber mit der kleineren Börse beim ADAC und der großen Veranstaltung bei Audi in Ingolstadt wurde und wird die Tradition hochgehalten.
Faszinierend an Georg war auch sein fotografisches Gedächtnis. Auf der Suche nach bestimmten Informationen konnte er so oft aus dem Stegreif sagen, in welcher Ausgabe welcher historischen Zeitschrift das Gesuchte zu finden war. Und seine Hilfsbereitschaft war legendär. Ungezählte Autoren von Büchern oder Artikeln in Zeitschriften konnten mit seiner selbstlosen Unterstützung rechnen, ob es um Recherchen im Archiv oder das Zurverfügungstellen von Originaldokumenten ging, Georg hatte für alle ein offenes Ohr. Vielleicht blieb deshalb seine eigene Karriere als Autor eher überschaubar. Immerhin hat er zusammen mit Halwart Schrader mit dem zweibändigen Buch „Italienische Sportwagen“ 1997 ein gewisses Standardwerk geschaffen, dem aber seitens Lektorat und Verlag mehr Aufmerksamkeit hätte gelten müssen. Die Autoliteratur war jedenfalls immer Schwerpunkt seiner Sammlerleidenschaft, wenn er auch immer wieder Neuem gegenüber aufgeschlossen war. Seine Kollektion von Margarinefiguren und ähnlichem aus den 50er Jahren oder die kleinen Fernseher aus den Souvenirläden haben manchen von uns stark beeinflusst.
Schließlich war er in gewisser Weise unser Reiseveranstalter und –leiter. Ohne ihn wäre es wohl nie zu den berühmten Ausflügen zum Genfer Salon gekommen, wo zeitweise der ganze Stammtisch, manchmal sogar mit weiblicher Verstärkung, versehen mit Presseausweisen , vor der offiziellen Eröffnung die automobilen und kulinarischen Köstlichkeiten genießen und die tollsten Prospekte erobern konnte. Besuche in Ulm, Mannheim, Padua, Paris, Maxlrain, bei der Mille Miglia wären zu erwähnen, aber in ganz besonderer Erinnerung bleiben die gemeinsamen Fahrten in Oberösterreich, der Heimat seiner Frau Susi: der Teilemarkt in Kremsmünster und die langen Abende in Kirchdorf oder Micheldorf sind unvergessen, wobei als Höhepunkt die Übernachtung und der Abend auf dem Georgiberg im Gedächtnis bleiben.
Am 28. Juni 2012 erlag Georg in München-Pasing seiner schweren Erkrankung. Er wird uns fehlen, aber irgendwie wird er bei unseren Treffen immer präsent sein. Seiner Frau und den Kindern Dennis, Julia und Manuel sowie der ganzen Familie gilt unser tiefes Mitgefühl.
Alexander, Reinhard, Robert und Rudi